Leitsatz
Die 33 Jahre alte Klägerin zu 2) war die Mutter des am 31.1.1998 geborenen Klägers zu 1). Der 68 Jahre alte Beklagte war der eheliche Vaters des Klägers zu 1). Er wurde von seinem Sohn auf Kindesunterhalt und von der Klägerin zu 2) auf Unterhalt anlässlich der Geburt in Anspruch genommen. Der Beklagte hat den Anspruch des Klägers zu 1) in vollem Umfang und den Anspruch der Klägerin zu 2) bis zum 31.5.1999 anerkannt. Insoweit ist gegen ihn Teilanerkenntnisurteil ergangen.
Über die von ihm anerkannten Beträge hinaus beantragte er Klageabweisung.
Erstinstanzlich wurde er antragsgemäß verurteilt und verfolgte mit seiner Berufung das Ziel auf Klageabweisung weiter, soweit er nicht anerkannt hatte.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die Klägerin zu 2) habe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterhalt gem. § 1615l Abs. 2 S. 1, 2 BGB. Der Beklagte als Vater des Klägers zu 1) sei gegenüber der Mutter unterhaltsverpflichtet, soweit von ihr wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden könne.
Die Klägerin zu 2) sei auch aktivlegitimiert, obgleich sie in dem entsprechenden Zeitraum Sozialhilfe bezogen habe, da die beteiligten Träger der Sozialhilfe die übergegangenen Ansprüche zurückübertragen hätten.
Die Kläger zu 2) habe den von ihr geltend gemachten Bedarf i.H.v. 1.160,00 DM monatlich, der sich aus den unterhaltsrechtlichen Leitlinien des OLG Rostock vom 1.7.1999 ergebe. Eine konkrete Darlegung des Bedarfs der Klägerin zu 2) sei im vorliegenden Fall entbehrlich, da sie lediglich den gültigen Mindestbedarf nach den unterhaltsrechtlichen Leitlinien beanspruche.
Der Unterhaltsanspruch der Klägerin zu 2) sei allerdings zeitlich zu begrenzen.
Gem. § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB ende die Unterhaltspflicht des Beklagten grundsätzlich drei Jahre nach der Geburt des Klägers zu 1), mithin am 31.1.2001. Im Streit sei nur die Zeit ab 1.6.1999, sie könne somit Unterhalt für ein Jahr und acht Monate verlangen.
Das erstinstanzliche Gericht habe zu Recht Unterhalt über den genannten Zeitraum hinaus bis einschließlich Oktober 2003 zugesprochen. Gem. § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB komme eine Verlängerung der Unterhaltspflicht in Betracht, wenn es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf der Frist zu versagen.
Gem. Art. 6 Abs. 5 GG seien den unehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern. § 1570 BGB gewähre den betreuenden und geschiedenen Ehegatten für das eheliche Kind einen Unterhaltsanspruch ohne feste zeitliche Begrenzung. Eine Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils setze erst mit Beginn der dritten Grundschulklasse ein. Das in Art. 6 Abs. 5 GG normierte Gleichbehandlungsgebot gebiete es daher bei nichtehelichen Kindern, den unbestimmten Rechtsbegriff der groben Unbilligkeit in § 1615l Abs. 2 S. 3 BGB weit auszulegen.
Eine Verlängerung des Unterhaltsanspruchs komme daher schon in Betracht, wenn der Aufschub einer Erwerbstätigkeit durch die Mutter aus objektiver Sicht wegen der besonderen Bedürfnisse des Kindes als vernünftig und dem Kindeswohl förderlich erscheinen lasse. Solche kindbezogenen Gründe habe die Klägerin zu 2) durch Vorlage des ärztlichen Attests belegt. Dort sei ausgeführt, dass die bei dem Kind gebotenen pflegerischen prophylaktischen Maßnahmen in einem Kindergarten derzeit nicht garantiert durchführbar seien.
Die Klägerin zu 2) habe allerdings ihren Bedarf teilweise durch eigenes Einkommen decken können. So habe sie Arbeitslosenhilfe und Übergangsgeld erhalten. Diese staatlichen Transferleistungen hätten im Gegensatz zur Sozialhilfe Lohnersatzfunktion und seien daher anrechnungsfähig.
Das OLG ging im Übrigen von einer Leistungsfähigkeit des Beklagten aus. Zwar sei es ihm nicht gelungen, seine Einkünfte nachvollziehbar und belastbar darzustellen. Dies gehe allerdings zu seinen Lasten. Damit sei seine Leistungsfähigkeit anzunehmen. Er räume auch ein, seine Einkünfte nicht vollständig dargelegt zu haben. Über die Gründe insoweit schweige er sich aus, sie dürften in jedem Fall in der Sphäre des Beklagten liegen.
Eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs der Klägerin zu 2) sah das OLG nicht. Eine falsche Verdächtigung oder Verleumdung wegen der Anzeige des sexuellen Missbrauchs gegen den Beklagten habe er nicht nachweisen können. Er habe lediglich mitgeteilt, dass die entsprechenden Ermittlungen eingestellt worden seien.
Link zur Entscheidung
OLG Rostock, Urteil vom 08.11.2006, 10 UF 50/05