Leitsatz
Die Klägerin ist Darlehensgeberin einer OHG, die nicht in das Handelsregister eingetragen ist. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Altgesellschafterin der OHG, deren Ausscheiden aus der OHG (logischerweise) ebenfalls nicht in das Handelsregister eingetragen wurde. Die Beklagte hatte der Klägerin ihr Ausscheiden aus der OHG jedoch mehr als fünf Jahre vor Klageerhebung mitgeteilt. Die OHG ist ihrer Verpflichtung zur Darlehensrückzahlung nicht nachgekommen. Daraufhin nahm die Klägerin die Beklagte gem. § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB i.V.m §§ 128 Satz 1, 160 Abs. 1 HGB auf Rückzahlung des Darlehens in Anspruch.
Der BGH wies die Klage wegen eingetretener Enthaftung der Beklagten ab.
Hinweis
Der BGH hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob für den Beginn der fünfjährigen Enthaftungsfrist des § 160 Abs. 1 HGB die Eintragung in das Handelsregister konstitutiv ist oder ob auch die positive Kenntnis von dem Ausscheiden des Altgesellschafters ausreicht, um die Frist des § 160 Abs. 1 HGB in Gang zu setzen. Denn bei dem von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsanspruch handelt es sich um eine Altverbindlichkeit der OHG, für die die Beklagte gem. § 160 Abs 1 HGB grundsätzlich einstehen muss. Gemäß § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB beginnt die fünfjährige Enthaftungsfrist mit dem Eintrag des Ausscheidens des Gesellschafters aus der Gesellschaft in das Handelsregister. Daher musste der BGH darüber entscheiden, ob eine Inanspruchnahme innerhalb des in § 160 Abs. 1 HGB vorgesehenen Fünf-Jahreszeitraums erfolgt ist, da die Klägerin von dem Ausscheiden der Beklagten aus der OHG positiv wusste, ohne dass das Ausscheiden in das Handelsregister eingetragen wurde.
Entgegen der herrschenden Auffassung in der Literatur (vgl. nur Baumbach/Hopt, HGB 32. Aufl. § 160 Rn. 2 i.V.m. § 159 Rn. 6; Staub/Habersack, HGB 3. Aufl. § 160 Rn. 2 i.V.m. § 159 Rn. 17; v. Gerkan in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB 2. Aufl. §§ 159, 160 Rn. 11) und dem Wortlaut des § 160 Abs. 1 HGB hat der BGH entschieden, dass die Frist des § 160 Abs. 1 HGB auch dann in Gang gesetzt wird, wenn der Gläubiger von dem Ausscheiden des Gesellschafters positive Kenntnis erlangt hat, ohne dass das Ausscheiden in das Handelsregister eingetragen wurde. Der § 160 Abs. 1 HGB sei in teleologischer Reduktion so zu lesen, dass die Frist spätestens mit der Eintragung in das Handelsregister zu laufen beginnt.
Der BGH begründet seine Auffassung damit, dass Sinn und Zweck der Neufassung des § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB die Einheitlichkeit der Haftungsbegrenzung im Personengesellschaftsrecht war (BT-Drucks. 12/1868, S. 2). In § 736 Abs. 2 BGB ist geregelt, dass die für die Personenhandelsgesellschaft geltenden Regelungen über die Begrenzung der Nachhaftung sinngemäß gelten. Da man bei der GbR aber nicht an die Publizität des Handelsregisters anknüpfen kann, entspricht es hier der ganz herrschenden Meinung, dass die Verjährungsfrist durch die - aufgrund der Kundgabe seitens des Gesellschafters erlangte - positive Kenntnis des jeweiligen Gläubigers von dem Ausscheiden des Gesellschafters aus der Gesellschaft beginnt (vgl. Staudinger/Habermeiner, BGB (2003) § 736 Rn. 18 m.w.Nachw.). Sinn und Zweck des § 160 Abs. 1 Satz 2 HGB ist es, den Gesellschafter einer OHG von der Notwendigkeit zu entbinden, alle Gläubiger einzeln von seinem Ausscheiden in Kenntnis zu setzten. Für den Fristbeginn ist die Eintragung in das Handelsregister daher ausreichend aber eben nicht konstitutiv. Würde man dem Gläubiger einer OHG ermöglichen, sich trotz positiver Kenntnis des Ausscheidens eines Gesellschafters auch nach fünf Jahren auf seine Nachhaftung zu berufen, würde man den Gläubiger einer OHG besser als den einer GbR stellen. Dies ist aber vor dem Hintergrund der Einheitlichkeit der Haftungsbegrenzung im Persongesellschaftsrecht insbesondere deshalb nicht zu vertreten, da man dem Gläubiger der OHG ermöglichen würde, eine formale Rechtsposition trotz positiver Kenntnis zweckwidrig auszunutzen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 24.09.2007, II ZR 284/05