Leitsatz

  1. Bestätigung der h.R.M. zu den Voraussetzungen der analogen Anwendung des WEG auf den sog. faktischen/werdenden Eigentümer (auch Besitz- und Nutzungsübergang mit Besitzbegründungswillen erforderlich)
  2. Verweigerung der Abnahme von Sondereigentum kann nicht von den übrigen (werdenden) Eigentümern dem Verweigernden unter Hinweis auf Vollzugsfähigkeit des Erwerbsvertrags entgegengehalten werden (insoweit nichtige Beschlussfassung wegen fehlender Beschlusskompetenz der Gemeinschaft)
 

Normenkette

(§§ 1, 16 WEG; § 242 BGB)

 

Kommentar

  1. Die Entstehung von Rechten und Pflichten sog. werdender Wohnungseigentümer setzt – in Bestätigung der h.R.M. – unabdingbar voraus, dass neben der Sicherung des Erwerbs durch Eintragung einer Auflassungsvormerkung auch Besitz und Nutzungen auf den Erwerber übergegangen sind (vgl. grundlegende Entscheidung des BayObLG v. 11.4.1990, BReg 2 Z 7/90, NJW 1990, 3216 sowie u.a. OLG Hamm v. 7.4.1994, 15 W 26/94, NJW-RR 1994, 975 und FGPrax 2000, 11).

    Eine Abnahme des Sondereigentums setzt auch einen nach außen erkennbaren Besitzbegründungswillen dieses Sondereigentümers voraus (im vorliegenden Fall mangels erfolgter Abnahme verneint). Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis treffen deshalb in faktischer Gemeinschaft auch nur entweder den teilenden Eigentümer oder an seiner Stelle den werdenden/faktischen Eigentümer. Eine gesamtschuldnerische Haftung ist insoweit nicht denkbar. Solange ein Besitzübergang an einen Ersterwerber nicht stattgefunden hat, verbleibt es deshalb dabei, dass allein der teilende Eigentümer auch aus dem Gemeinschaftsverhältnis verpflichtet ist. Vorliegend wurde der streitbeteiligte Erwerber nicht faktischer Eigentümer, da bislang eine Übergabe wegen fehlender Bezugsfertigkeit des Sondereigentums nicht erfolgte.

  2. Der Abnahmeverweigerung eines einzelnen Ersterwerbers können auch die übrigen (werdenden) Wohnungseigentümer nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegenhalten, der von ihm geschlossene schuldrechtliche Erwerbsvertrag sei unter Berücksichtigung der Vorschriften der Makler- und Bauträgerverordnung vollzugsfähig. Die Regelungskompetenz der Eigentümerversammlung ist allein auf das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander begrenzt (BGH v. 20.9.2000, V ZB 58/99, NJW 2000, 3500). Für Regelungen gegenüber Dritten fehlt der Gemeinschaft jegliche Beschlusskompetenz, gleichwohl erfolgte Beschlussfassungen sind nichtig.
 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 03.12.2002, 15 W 340/02(OLG Hamm v. 3.12.2002, 15 W 340/02)

Anmerkung

Mit dieser Entscheidung dürfte auch ein in der Literatur vereinzelt behandeltes Folgeproblem im Sinne stets auch diesseits vertretener Auffassung geklärt sein: Rechte und Pflichten in der Gemeinschaft (also auch Wohngeldzahlungspflichten) besitzt in faktischer Gemeinschaft entweder nur der teilende Eigentümer (Bauträgerveräußerer) für noch nicht rechtswirksam übergebene und abgenommene Sondereigentumseinheiten oder ein bereits werdender/faktischer Eigentümer (Ersterwerber), soweit die nach derzeit h.R.M. geforderten rechtlichen Voraussetzungen für die Entstehung der Stellung eines faktischen Eigentümers (analog WEG) erfüllt sind. Zahlt damit z.B. ein faktischer Eigentümer nicht seine Wohngeldvorauszahlungen an die Gemeinschaft, ist und bleibt er alleiniger Wohngeldschuldner der Gemeinschaft gegenüber. Auch insoweit entsteht bei Säumnis oder endgültigen Zahlungsausfällen nicht eine Art Rückgriffs- bzw. Subsidiär- oder Gesamtschuldhaftung des Veräußerers. Demgegenüber bleibt Wohngeldschuldner stets der teilende Eigentümer (Veräußerer) für diejenigen Einheiten, die in entstandener faktischer Gemeinschaft von ihm noch nicht an Ersterwerber rechtswirksam übergeben wurden (fehlende Abnahme mit Besitzbegründungswillen). Ist eine WE-Gemeinschaft förmlich bereits entstanden und in Vollzug gesetzt, bleibt bei nachfolgenden Veräußerungen der teilende und veräußernde Eigentümer gegenüber der Gemeinschaft bis zur Eigentumsumschreibung des Erwerbers (Rechtsnachfolgers) im Grundbuch ohnehin verpflichtet; erst dann "wechseln" die Rechte und Pflichten personenbezogen der Gemeinschaft gegenüber. Zur Entstehung und zu den Rechtsfolgen der faktischen Gemeinschaft vgl. auch Ausführungen in ETW, Gruppe 4 und meine grafische Übersicht Rn. 1012, Stand Dez. 2001.

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