1 Leitsatz
Für die Begründung von Sondereigentum an einer Fläche, die einem Sondernutzungsrecht unterliegt, bedarf es der Einigung aller Miteigentümer in grundbuchmäßiger Form.
2 Normenkette
§§ 4 Abs. 1, 10 Abs. 1 Satz 2 WEG; § 29 GBO
3 Das Problem
X teilt ein Grundstück in Wohnungseigentum auf. Er bildet u. a. das Teileigentum 1. Diesem ist ein Sondernutzungsrecht als Terrassenfläche, insbesondere für Außengastronomie, zugeordnet. In der Gemeinschaftsordnung wird X und seinen Sondernachfolgern für das Teileigentum 1 eine Unterteilung gestattet. Ferner ist X berechtigt, das Teil- in Wohnungseigentum umzuwandeln. Soweit im Zuge dieser Veränderungen "rechtliche Abänderungen bezüglich des Gemeinschaftseigentums erforderlich sind", gelten diese "ebenfalls als gestattet". Insbesondere gilt eine "erforderliche tatsächliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum" als gestattet. Ebenso sind Änderungen von Teilungserklärung, Gemeinschaftsordnung und Plänen gestattet, sofern dies aus architektonischen oder bautechnischen Gründen erforderlich ist.
Sondernachfolger in Bezug auf das Teileigentum 1 ist B. Er will das Teileigentum in Wohnungseigentum umwandeln, unter gleichzeitiger Unterteilung in 3 Wohnungseigentumsrechte. Eine Nutzung der Sondernutzungsfläche habe sich wegen auf ihr errichteter Stützpfeiler und der Freihaltung als Fußgänger-Durchgangsweg zugunsten der Stadt Euskirchen erledigt. Daran soll jetzt teilweise Sondereigentum entstehen. Das Grundbuchamt will diesen Antrag nicht umsetzen.
4 Die Entscheidung
Zu Recht! Es bedürfe einer Einigung sämtlicher Miteigentümer in grundbuchrechtlicher Form. Dies folge aus § 4 Abs. 1 WEG, weil an der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Sondernutzungsfläche Sondereigentum begründet werden solle. Die in der Gemeinschaftsordnung eingeräumten Änderungsvorbehalte machten eine Einigung aller Miteigentümer nicht entbehrlich. Es sei schon nicht ersichtlich, dass die Gestattung von Änderungen in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum den Fall umfasse. Zudem sei die Gestattung unwirksam, weil sie nicht der erforderlichen sachenrechtlichen Bestimmtheit genüge. Hiernach müsse jedermann den Inhalt eines dinglichen Rechtes anhand der Eintragungen im Grundbuch eindeutig erkennen können. Es hätte daher einer Angabe in der Gemeinschaftsordnung bedurft, welche konkreten Räume und Gebäudeteile von der Einwilligung betroffen seien (Hinweis auf BGH, Urteil v. 5.10.1998, II ZR 182/97, Rn. 12). Für Änderungen am gemeinschaftlichen Eigentum dürften keine leichteren Anforderungen gelten, als dies bei Änderungsvorbehalten in Bezug auf die Änderung des Inhaltes von Sondernutzungsrechten der Fall sei.
5 Hinweis
Problemüberblick
Nach Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage gibt es häufig einen Bedarf, schuld- und/oder sachenrechtliche Änderungen vorzunehmen.
Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum
Im Fall geht es einerseits um die Umwandlung von Teil- in Wohnungseigentum. Dies ist nach h. M. die schuldrechtliche Änderung einer Vereinbarung, an der sämtliche Wohnungseigentümer mitwirken müssen. Die Wohnungseigentümer können allerdings vereinbaren, dass ein Wohnungseigentümer allein handeln kann. So scheint es im Fall gewesen zu sein. Die Vereinbarung war Teil der Gemeinschaftsordnung. Das ist nicht zu beanstanden.
Unterteilung
Ferner geht es um eine Unterteilung. Dies bedeutet, dass man aus einem Wohnungs- oder Teileigentumsrecht analog § 8 Abs. 1 WEG mehrere Rechte macht. Dafür bedarf es nach h. M. keiner Gestattung der anderen Wohnungseigentümer. Anders ist es, wenn es bauliche Veränderungen gibt. Diese müssen die Wohnungseigentümer gestatten. Dies kann auch im Wege einer Gestattungsvereinbarung geschehen, die Teil der Gemeinschaftsordnung sein kann. Ob es im Fall so war, ist nicht ganz deutlich. Es wäre aber möglich.
Umwandlung von Sondereigentum in gemeinschaftliches Eigentum (oder umgekehrt)
Schließlich geht es um die Umwandlung von Sondereigentum in gemeinschaftliches Eigentum. Diese ist möglich, setzt aber eine sachenrechtliche Vereinbarung voraus. Diese kann nicht vorab in die Gemeinschaftsordnung als Gestattung aufgenommen werden. Findet sie sich dennoch, ist sie unwirksam. Das OLG löst den Fall im Ergebnis daher richtig, aber seine Begründung ist falsch.
6 Entscheidung
OLG Köln, Beschluss v. 11.7.2022, 2 Wx 138/22