Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 5 Abs. 4 WEG, § 10 Abs. 2 WEG, § 15 Abs. 1 WEG, § 892 BGB, § 893 BGB, § 19 GBO, § 53 Abs. 1 S. 2 GBO, § 71 Abs. 2 GBO
Kommentar
1. Der Schutz des guten Glaubens auf im Grundbuch eingetragene Rechte erstreckt sich auch auf dort (als Inhalt des jeweiligen Sondereigentums) eingetragene Sondernutzungsrechte (sog. dingliche bzw. verdinglichte Sondernutzungsrechte). Dieser Gutglaubensschutz bezieht sich auch auf Bestand und Umfang solcher Nutzungsrechte. Eine Löschung dieser Rechte kommt nicht in Betracht, außer die Eintragung wäre schlechterdings unzulässig. Werden Rechte unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eingetragen, ist das Grundbuch unrichtig und ein Amtswiderspruch einzutragen; dabei muss die Gesetzesverletzung durch das Grundbuchamt feststehen und die Unrichtigkeit des Grundbuches glaubhaft gemacht sein.
2. Bei nachträglicher Begründung eines Sondernutzungsrechts zugunsten eines einzelnen Eigentümers müssen alle Eigentümer und auch Auflassungsvormerkungsberechtigte die Eintragung in grundbuchmäßiger Form bewilligen ( § 19 GBO); zur Zustimmungsverpflichtung vgl. §§ 877 und 876 S. 1 BGB.
Eine Eintragungsbewilligung kann auch durch einen Vertreter über Vollmacht erklärt werden; hier hat das Grundbuchamt nicht nur die Wirksamkeit der Vollmacht, sondern insbesondere auch ihren Umfang selbstständig zu prüfen (nach objektiven Auslegungsmethoden). Das Rechtsbeschwerdegericht kann hier eine rechtsfehlerhafte Auslegung über einen Vollmachtsumfang selbstständig korrigieren.
3. Allein die Zuordnung nicht ausgebauter Spitzbodendachräume zu darunterliegenden Wohnungen rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass damit auch der Ausbau und eine Nutzung dieser Speicherräume zu Wohnzwecken gestattet sind. Vielmehr kommt primär nur eine Nutzung als "Spitzbodendachräume" in Betracht (nach Auslegung der Zweckbestimmungsvereinbarung gemäß Teilungserklärung).
Ob eine Vollmacht unwiderruflich ist, beurteilt sich gemäß § 168 S. 2 BGB nach dem ihr zugrunde liegenden Rechtsverhältnis. Daraus kann sich auch ein stillschweigender Ausschluss eines Widerrufsrechts ergeben, insbesondere dann, wenn die Bevollmächtigung nach Grund und Zweck einem besonderen Interesse des Bevollmächtigten dient. Im vorliegenden Falle wurden allerdings keine wirksamen Vereinbarungen der Eigentümer des Inhalts getroffen, dass sich Sondernutzungsrechte an den Spitzbodenräumen auch auf deren Ausbau und die Nutzung zu Wohnzwecken beziehen sollten. Der bevollmächtigte Vertreter hatte hier kraft kaufvertraglich erteilter Vollmacht nicht die erforderliche Vertretungsmacht, Sondernutzungsrechte mit dem im Grundbuch eingetragenen Umfang zu begründen. Somit fehlte es an der Zustimmung aller Eigentümer und auch etwaiger Auflassungsvormerkungsberechtigter.
Auch ein entsprechender Beschluss hatte im vorliegenden Fall nur rein formellen und keinen inhaltlichen Regelungsgehalt. Dies ermittelte das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund objektiver Auslegungskriterien, die auch bei Beschlüssen insbesondere dann anzuwenden sind, wenn sie für eine auf Dauer bestimmte Regelung gelten sollen (mit der Bindungswirkung von Beschlüssen für Sondernachfolger nach § 10 Abs. 3 WEG).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 30.06.1989, BReg 2 Z 47/89)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung