Leitsatz

Das Grundbuchamt muss von sich aus zu ermitteln, ob ein Grundstück im Geltungsbereich einer Erhaltungsverordnung belegen ist und sich daraus das Erfordernis eines Negativzeugnisses vor Vollzug der Teilung im Grundbuch ableitet.

 

Normenkette

§ 8 WEG

 

Das Problem

B teilt mit am 12. Mai 2015 beim Grundbuchamt eingegangener Erklärung ein Grundstück nach § 8 WEG. Das Grundbuchamt verlangt für die Umsetzung die Vorlage einer Genehmigung "der zuständigen Behörde" gemäß § 72 BauGB bzw. deren Negativattest. Hiergegen richtet sich B's Beschwerde.

 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! B's Grundstück befinde sich nicht in einem Gebiet im Bereich einer Erhaltungsverordnung. Hänge die Teilung des Grundstücks aber nicht von einer Genehmigung ab, könne für den grundbuchlichen Vollzug auch nicht die Vorlage eines Negativattests verlangt werden.
  2. Allerdings werde die Auffassung vertreten, das Grundbuchamt sei nicht verpflichtet, von sich aus zu ermitteln, ob ein Grundstück im Geltungsbereich einer Erhaltungsverordnung belegen sei und daraus das Erfordernis eines Negativzeugnisses vor Vollzug der Teilung im Grundbuch abgeleitet (Hinweis unter anderem auf Hertel, DNotI-Report 1997, S. 159, 161). Dem könne jedoch nicht gefolgt werden. Es erscheine bereits fraglich, ob nicht jedenfalls die Berliner Grundbuchämter zu entsprechenden Ermittlungen verpflichtet seien, weil die rechtlichen Grundlagen zur Prüfung einer Genehmigungspflicht allgemein zugänglich seien. Nach § 22 Abs. 2 Satz 3 BauGB habe jedenfalls die Gemeinde dem Grundbuchamt den Beschluss über die Satzung, das Datum ihres Inkrafttretens sowie die genaue Bezeichnung der betroffenen Grundstücke vor ihrer Bekanntmachung rechtzeitig mitzuteilen. Der Gesetzgeber habe damit das Grundbuchverfahren in Bezirken, in denen die Gemeinde von der Ermächtigung zum Erlass einer Satzung keinen Gebrauch gemacht habe, erleichtert. Ein gegebenenfalls in jedem Einzelfall erforderliches Negativattest habe entbehrlich werden sollen (Hinweis auf BT-Drucksache 15/2250, S. 52). Im Rahmen von § 22 BauGB lasse sich danach die Forderung des Grundbuchamts nach Vorlage eines Negativattests nicht mehr rechtfertigen. Die Verweisung in § 172 Abs. 1 Satz 6 BauGB auf § 22 BauGB diene den gleichen Zielen. Das Grundbuchamt habe also das geltende Ortsrecht nicht von sich aus zu ermitteln. Allerdings habe es entsprechende Satzungen bzw. Verordnungen von Amts wegen zu beachten, wenn sie ihm von der Gemeinde mitgeteilt werden.
 

Kommentar

Anmerkung

Das Grundbuchamt verlangte vom Bauträger den Nachweis, dass er keiner Genehmigung bedarf. Das war in der Tat etwas weitgehend. Meint das Grundbuchamt, ein Dritter müsse zustimmen, muss es Ross und Reiter nennen oder selbst recherchieren.

Was ist für den Verwalter wichtig?

Stehen in einem in Wohnungseigentum aufgeteilten Gebäude Erhaltungsmaßnahmen an oder soll dieses modernisiert oder baulich verändert werden, sollte vor Beginn der entsprechenden Arbeiten klar sein, ob und wenn ja welche öffentlich-rechtlichen Vorschriften von den Wohnungseigentümern zu beachten sind. Wird nämlich gegen öffentliches Recht verstoßen, macht das eine Maßnahme jedenfalls anfechtbar – gegebenenfalls mit der Folge des § 49 Abs. 2 WEG (= der Verwalter muss die Kosten des Rechtsstreits tragen). Vorstellbar und meines Erachtens sogar richtig ist aber auch, dass ein Beschluss, der gegen öffentliches Recht verstößt, nichtig ist. Das hätte zur Folge, dass der Verwalter ihn nicht durchführen und gegebenenfalls nicht verkünden und gegebenenfalls nicht in die Beschluss-Sammlung aufnehmen darf. All dieses erscheint es als ratsam, frühzeitig ausreichende Informationen zu sammeln.

 

Link zur Entscheidung

KG Berlin, Beschluss v. 8.12.2015, 1 W 680/15

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