Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Rechtsnachfolger trifft allein die so genannte Abrechnungsspitze
Normenkette
§ 16 WEG, § 28 Abs. 5 WEG
Kommentar
1. Bestandskräftige Wirtschaftsplan- und Abrechnungs-Genehmigungsbeschlüsse begründen eine Zahlungspflicht für denjenigen, der zum Zeitpunkt der Beschlussfassung als Eigentümer im Grundbuch eingetragen ist (BGH, NJW 1988, 1910, 1911). Dabei ist es unschädlich, wenn hier die Eigentümerversammlung bei einer Beschlussfassung in Unkenntnis eines bereits erfolgten Eigentumswechsels eine Zahlungspflicht zu Lasten eines Rechtsvorgängers begründen wollte, da eine Abrechnung für alle Beteiligten erkennbar "für die Wohnung"("objektbezogen") als solche bestimmt sei. Es kann hier auch nicht angenommen werden, dass in unzulässiger Weise eine Zahlungsverpflichtung einer bereits ausgeschiedenen Voreigentümerin geschaffen werden sollte (BGH, NJW 1994, 2950, 2953). Bei einem Eigentümerwechsel während des laufenden Abrechnungsjahres ist deshalb nicht eine zeitanteilige Berechnung der den Rechtsvorgänger einerseits und den Rechtsnachfolger andererseits treffenden Belastungen vorzunehmen; vielmehr haftet der Rechtsnachfolger ohne weiteres auf einen Nachzahlungsbetrag, der in der Abrechnung für die betreffende Wohnung ausgewiesen wird, wenn das Eigentum zum Zeitpunkt der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung auf ihn bereits übergegangen ist.
2. Ein Verwalter ist einerseits auch nicht berechtigt, auf begründete Zahlungsansprüche der Gemeinschaft einzelnen Wohnungseigentümern gegenüber zu verzichten (BayObLG, MZM 99, 78) und danach auch nicht befugt, einen Rechtsnachfolger aus der Haftung für einen zu seinen Lasten in einer genehmigten Abrechnung ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag zu entlassen, indem er eine zeitanteilige Abrechnung mit dem Rechtsvorgänger vornimmt. Andererseits ist ein Verwalter auch ebensowenig berechtigt, die durch Eigentümerbeschluss begründete Zahlungspflicht einzelner Eigentümer zu deren Nachteil zu verändern. Konkrete Zahlungspflichten können - wie erwähnt - ausschließlich durch Eigentümerbeschluss begründet werden.
3. Eine Abrechnungsgenehmigung durch Eigentümerbeschluss schafft nach verfestigter Rechtsprechung des BGH (NJW 1994, 1866 und NJW 1996, 725) eine neue Verbindlichkeit gegen den Wohnungseigentümer regelmäßig nur in Höhe der so gen. Abrechnungsspitze. Soweit sich die Beitragsbelastung und die geleisteten Vorauszahlungen decken, tritt eine Verrechnungswirkung ein, die der Gemeinschaft das Recht gewährt, erbrachte Zahlungen endgültig behalten zu dürfen und insoweit eine Rückzahlung an einzelne Eigentümer auszuschließen. Diese Verrechnung ist Folge der rechtsgestaltenden Wirkung des Eigentümerbeschlusses. Der Bestand der Verrechnungswirkung ist deshalb unabhängig davon, ob die in dem Eigentümerbeschluss berücksichtigten Wohngeldvorauszahlungen zu Recht dem jeweiligen Wohnungseigentümer zugerechnet worden sind. In diese Verrechnungswirkung kann nicht zum Nachteil der Gemeinschaft dadurch eingegriffen werden, dass Vorauszahlungen ausschließlich einem Rechtsvorgänger zugerechnet werden mit dem Ziel, bei diesem ein Guthaben auszuweisen und gegen den daraus folgenden Anspruch mit anderweitigen Ansprüchen der Gemeinschaft aufrechnen zu können; eine solche Verfahrensweise ist dem Verwalter versagt, weil er die Rechtswirkungen eines Eigentümerbeschlusses nicht beseitigen kann. Auch im vorliegenden Fall waren die Zahlungspflichten der Eigentümer ausschließlich auf der Grundlage der bestandskräftigen Genehmigungsbeschlüsse zu beurteilen.
4. Hat ein Rechtsvorgänger noch Wohngeldvorauszahlungen zur Erfüllung einer mit einem Eigentumswechsel auf einen Rechtsnachfolger übergegangenen Wohngeldvorauszahlungsverpflichtung vorgenommen, ist hier im Wohnungseigentumsrecht Erfüllungswirkung eingetreten, zumal dem Verwalter vorliegend der Eigentumswechsel unbekannt geblieben ist. Eingehende Zahlungen konnte und musste der Verwalter deshalb als solche ansehen, die der Rechtsvorgänger auf angenommene fortbestehende Verpflichtungen mit Erfüllungswirkung geleistet hat. Ein Erstattungsanspruch des Rechtsvorgängers gegen die Gemeinschaft war hier nicht erkennbar. Auch der Hinweis auf bereicherungsrechtliche Ansprüche ( § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB) reicht für die Begründetheit eines solchen Anspruchs allein nicht aus, selbst wenn hier Zahlungen auch nach Eintritt des Eigentumswechsels geleistet worden seien. Vorliegend muss auch berücksichtigt werden, dass der Rechtsvorgänger die Zahlungen in Kenntnis des erfolgten Eigentumswechsels und damit in Kenntnis einer Nichtschuld geleistet hat, sodass ein solcher Bereicherungsanspruch bereits gem. § 814 BGB ausgeschlossen wäre. Nahe liegt hier insoweit vielmehr, dass diese Zahlungen im Hinblick auf ein schuldrechtliches Innenverhältnis zum Rechtsnachfolger geleistet wurden, dessen Inhalt im Verfahren nicht bekannt wurde.
5. Gerichtskostenquotelung in allen drei Instanzen; keine außergerichtliche Kostenerstattung; Gegenstandswert im Rechtsbeschwerdeverfahren DM 2.337,50.
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