Leitsatz

Der Antragstellerin war für das Ehescheidungsverfahren ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Rechtsanwältin zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts bewilligt worden.

Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der Beschwerde, mit der sie die Aufhebung der in der Beiordnung ausgesprochenen Einschränkung begehrte.

Das erstinstanzliche Gericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Das Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Einschränkung im Rahmen der Beiordnung für unzulässig.

In der Beschwerdeentscheidung wies es zunächst darauf hin, die Unzulässigkeit der Beschwerde folge nicht schon daraus, dass das erstinstanzliche Gericht die Einschränkung ohne vorherige Nachfrage angeordnet habe. An dieser bislang vertretenen Auffassung halte der Senat nicht länger fest, nachdem der BGH die in Rechtsprechung und Literatur umstrittene Frage, ob ein Gericht die eingeschränkte Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts ohne Nachfrage bei dem betroffenen Rechtsanwalt anordnen dürfe, dahin entschieden habe, dass ein Beiordnungsantrag regelmäßig ein konkludentes Einverständnis des Verfahrensbevollmächtigten mit einer dem Mehrkostenverbot des § 121 Abs. 3 ZPO entsprechenden Einschränkung der Beiordnung enthalte (BGH in FamRZ 2007, 37).

Das OLG hielt die angeordnete Einschränkung vielmehr deshalb für unzulässig, weil durch die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts weitere Kosten nicht entständen. Wäre die zusätzliche Beiordnung eines Verkehrsanwalts nach § 121 Abs. 4 ZPO gerechtfertigt, dürfe die Beiordnung eines auswärtigen Anwalts ohne Einschränkung erfolgen, wenn dessen Gesamtkosten (einschließlich Reisekosten) nicht höher lägen als die Kosten eines Anwalts am Gerichtsort plus eines Verkehrsanwalts am Sitz der Partei (Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl. 2005, Rz. 570 m.w.N.).

Diese Voraussetzungen seien im vorliegenden Fall erfüllt. Besondere Umstände i.S.v. § 121 Abs. 4 ZPO, der die Beiordnung eines Verkehrsanwalts erforderten, lägen regelmäßig dann vor, wenn die Beiziehung eines Verkehrsanwalts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO notwendig sei (Kalthoener/Büttner/Wrobel/Sachs, a.a.O., Rz. 578 m.w.N.).

Dies sei dann der Fall, wenn der auswärts wohnenden Partei wegen weiter Entfernung zur Kanzlei eines am Prozessgericht ansässigen Prozessbevollmächtigten ein zur Verfolgung ihrer Interessen notwendiges persönliches Beratungsgespräch nicht zumutbar sei und auch eine vermögende Partei die Mehrkosten eines Verkehrsanwalts aufbringen würde. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Auch in einfach gelagerten Scheidungsfällen hielt der Senat das persönliche Beratungsgespräch zur Wahrnehmung berechtigter Interessen der antragstellenden Partei für erforderlich (OLG Karlsruhe in FamRZ 2004, 1298 ff.).

Ein solches Gespräch sei der Antragstellerin angesichts der Entfernung von über 600 km zwischen ihrem Wohnsitz und dem Kanzleisitz eines bei dem Prozessgericht zugelassenen Anwalts nicht zumutbar. Da die Kosten für einen Verkehrsanwalt annähernd gleich hoch seien wie die Reisekosten der beigeordneten auswärtigen Verfahrensbevollmächtigten, habe für deren eingeschränkte Beiordnung ein sachlicher Grund nicht bestanden.

 

Link zur Entscheidung

OLG Köln, Beschluss vom 18.01.2007, 14 WF 284/06

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