Leitsatz
Im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens hat die Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe sowie die Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten beantragt. Ihr Antrag wurde vom AG zurückgewiesen. Unter (teilweiser) Abhilfe der hiergegen eingelegten Beschwerde wurde der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten jedoch abgelehnt mit der Begründung, dass es sich nicht um ein streitiges Ehescheidungsverfahren handele, so dass sie keiner anwaltlichen Vertretung bedürfe. Im Übrigen beständen hinsichtlich der Tätigkeit des von ihr beauftragten Rechtsanwalts erhebliche standesrechtliche Bedenken, da er mit dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers in Bürogemeinschaft verbunden sei.
Die hiergegen von der Antragsgegnerin eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg, soweit das AG ihr nicht bereits abgeholfen hatte.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Anders als das erstinstanzliche Gericht bejahte das OLG einen Anspruch der Antragsgegnerin auf Beiordnung eines Rechtsanwalts auch bei einer einverständlichen Ehescheidung. Bereits die Vorschriften der §§ 78 Abs. 2, 625 ZPO zeigten, dass nach der Absicht des Gesetzgebers im Regelfall beide Parteien anwaltlich vertreten sein sollten. Deshalb sei es für die Frage der Beiordnung unerheblich, ob und wie sich der Antragsgegner auf den Scheidungsantrag einlasse (Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 114 Rz. 42).
Gleichwohl sei die Beschwerde der Antragsgegnerin - soweit das AG ihr nicht abgeholfen habe - zurückzuweisen.
Grundsätzlich habe eine Partei, soweit die Beiordnung eines Rechtsanwalts in Betracht komme, einen Rechtsanspruch darauf, dass das Gericht ihr den Anwalt ihres Vertrauens beiordne. An diese Wahl sei das Gericht jedoch nicht gebunden, wenn der gewählte Rechtsanwalt nicht tätig werden dürfe (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 66. Aufl., § 121 Rz. 4; OLG Schleswig, SchlHA 1982, 197).
Einer der Verbotstatbestände sei in § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 Berufsordnung (BORA) normiert, wonach der Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten dürfe. Demzufolge dürfe ein Anwalt auch im Rahmen einer einverständlichen Scheidung nicht für beide Ehegatten tätig werden. Das Tätigkeitsverbot nach der am 1.7.2006 in Kraft getretenen Neufassung des § 3 Abs. 2 BORA gelte für alle Rechtsanwälte, die mit dem von dem Verbot betroffenen Rechtsanwalt in derselben Berufsausübung- oder Bürogemeinschaft verbunden seien, wobei die Rechts- oder Organisationsform ohne Belang sei. Obgleich es bei einer Bürogemeinschaft an einer gemeinschaftlichen Berufsausübung fehle, unterlägen auch die in einer Bürogemeinschaft verbundenen Rechtsanwälte der Erstreckungsregel es § 3 Abs. 2 BORA, da nicht auszuschließen sei, dass jedes Gemeinschaftsmitglied jederzeit Kenntnis von den Mandatsvorgängen der anderen Gemeinschaftsmitglieder erlangen könne. Danach sei der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin gehindert, diese im vorliegenden Verfahren zu vertreten.
Link zur Entscheidung
OLG Bremen, Beschluss vom 24.04.2008, 4 WF 38/08