Leitsatz

  1. Beiratsermächtigung zur Mängelanspruchsverfolgung gegen den Bauträger
  2. Gesamtschuldnerische Haftung der Mitglieder einer Bauträger-Bauherrengemeinschaft
  3. Unwirksame Klausel über den Verjährungsbeginn in einem formelhaften Erwerbsvertrag; entscheidend ist die Abnahme des Gemeinschaftseigentums
 

Normenkette

§§ 133, 633, 635 BGB; § 9 AGB-Gesetz (jeweils alte Gesetzesfassung

 

Kommentar

  1. Ermächtigen Wohnungseigentümer den Verwaltungsbeirat, im eigenen Namen Mängelgewährleistungsansprüche gegen den Bauträger geltend zu machen, sind damit die jeweils amtierenden Mitglieder des Verwaltungsbeirats sach- und klagebefugt. Ein ausgeschiedenes Beiratsmitglied hat im Regelfall auch kein Interesse mehr an der Durchsetzung von Gewährleistungsansprüchen der einzelnen Erwerber.
  2. Der einzelne Erwerber hat gegen den Veräußerer auch dann einen auf die vollen Mängelbeseitigungskosten gerichteten Schadensersatzanspruch, wenn der Veräußerer Mitglied einer Bauherrengemeinschaft war und der Erwerb erst nach individueller Zuteilung der einzelnen Eigentumswohnungen an die Mitglieder erfolgt ist. Der Schuldner haftet also nicht nur "pro rata" nach seinem Miteigentumsanteil. Geschuldet wird eine werkvertragliche Verpflichtung auch im Bauherrenmodell bezogen auf das gesamte Gebäude (BGH v. 25.2.1999, VII ZR 208/97, NZM 1999, 564). Ein einzelner Erwerber ist auch zur selbstständigen Verfolgung der aus seinem Vertragsverhältnis herrührenden, auf Beseitigung der Mängel gerichteten Ansprüche am gemeinschaftlichen Eigentum befugt (BGH v. 10.5.1979, VII ZR 30/78, NJW 1979, 2207). Er kann vom Veräußerer Nachbesserung und unter den Voraussetzungen des § 633 Abs. 3 BGB (a.F.) Ersatz seiner Aufwendungen für die Mängelbeseitigung oder einen Vorschuss auf die voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten verlangen. Auch die sekundären Gewährleistungsansprüche aus § 635 BGB (a.F.) stehen dem einzelnen Erwerber aus seinem individuellen Vertrag mit dem Veräußerer zu, auch wenn die Wahl zwischen Minderung und kleinem Schadensersatz wegen der Gemeinschaftsbezogenheit des später gebildeten Eigentums nur gemeinsam getroffen werden kann. Der Schadensersatzanspruch tritt an die Stelle des Erfüllungsanspruchs. Er ist auf vollständigen Ausgleich der durch die Mängel entstandenen Schäden gerichtet. Der Unternehmer hat deshalb dem Erwerber die Gesamtkosten zu ersetzen, die zur Behebung des Mangels erforderlich sind (BGH v. 25.2.1999, VII ZR 208/97, NZM 1999, 564).
  3. Der Umfang der werkvertraglichen Gesamtschuld-Verpflichtung ist nicht davon abhängig, ob der aus mehreren Personen bestehende Bauträger selbst veräußert oder jede dieser Personen für sich nach individueller Zuteilung der einzelnen Wohnungen. Durch die spätere Aufteilung ändert sich nicht die werkvertragliche Gesamtschuld-Verpflichtung jedes einzelnen Veräußerers, mangelfreies Gemeinschaftseigentum herzustellen. Der werkvertragliche Schadensersatzanspruch unterscheidet sich vom kaufrechtlichen Anspruch maßgeblich dadurch, dass er von der werkvertraglichen Erfolgshaftung des Auftragnehmers geprägt ist und deswegen eine Quotelung wie im Kaufrecht nicht in Betracht kommt (ebenfalls BGH v. 25.2.1999, VII ZR 208/97, NZM 1999, 564). Vorliegend können die Verträge entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht dahingehend ausgelegt werden, dass Gewährleistungsansprüche gegen die Beklagte dergestalt aufgeteilt würden, dass die Beklagte nur anteilig in Anspruch genommen werden könnte. Ausgleiche könnten hier im Innenverhältnis der Verkäufer vorgenommen werden.
  4. Eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (formelhaften Erwerbsverträgen) des Veräußerers, wonach die Verjährung mit der Übergabe der Eigentumswohnung an den Erwerber beginnt, ist unwirksam. Eine Verjährung der Mängel am Gemeinschaftseigentum beginnt mit der Abnahme des Gemeinschaftseigentums. Eine konkludente Abnahme des Gemeinschaftseigentums bei der Übergabe der Wohnung (Sondereigentum) kommt nicht in Betracht, wenn das Gemeinschaftseigentum im Zeitpunkt der Übergabe der Wohnung noch nicht fertig gestellt ist. Der Beginn einer Verjährung kann auch nicht aufgrund einer formelhaften Erwerbsvertragsklausel an die Übergabe der Wohnung geknüpft werden. Eine solche Regelung verstößt gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGB-Gesetz (a.F.) und ist unwirksam, weil sie statt an die Abnahme an die Übergabe anknüpft. Nach dem gesetzlichen Leitbild beginnt die Verjährungsfrist nicht mit der Übergabe, sondern mit der Abnahme.
 

Link zur Entscheidung

BGH v. 15.4.2004, VII ZR 130/03, NZM 12/2004, 464 = DWE 2/2004, 57

Anmerkung

Gemäß Anmerkung der NZM-Schriftleitung darf zur Anspruchsverfolgung durch einzelne Wohnungseigentümer auch auf BayObLG, NZM 2004, 344 und zur Verjährungsunterbrechung durch ein vom Verwalter eingeleitetes selbstständiges Beweisverfahren auf BGH v. 24.7.2003, VII ZR 360/02, NZM 2003, 814 verwiesen werden.

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