1 Leitsatz

Der Verwalter ist nicht befugt, gem. §§ 9a Abs. 2, 9b Abs. 1 Satz 1 WEG die Eintragung einer Grunddienstbarkeit am gemeinschaftlichen Eigentum zu bewilligen.

2 Normenkette

§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG; § 19 GBO

3 Das Problem

B möchte ein in Wohnungseigentum aufgeteiltes Grundstück mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belasten. Diesen Antrag bewilligt nach § 19 GBO für die Wohnungseigentümer der Verwalter. Das Grundbuchamt meint, diese Bewilligung sei unerheblich. Es müsse sich jeder Wohnungseigentümer erklären. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

4 Die Entscheidung

Ohne Erfolg! Die Bewilligung des Verwalters reiche tatsächlich nicht aus. Zwar vertrete der Verwalter die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG gerichtlich und außergerichtlich. Hieraus folge aber kein Recht, die Eintragung einer Grunddienstbarkeit an dem gemeinschaftlichen Grundstück zu bewilligen (Hinweis auf a. A. OLG Nürnberg, Beschluss v. 12.7.2021, 15 W 2283/21, FGPrax 2021 S. 203). Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei zwar ein vollrechtsfähiger Verband, der eigene Rechte und Pflichten sowie unter Umständen eigenes Vermögen habe und nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG durch den Verwalter vertreten werde. Gem. § 9a Abs. 2 WEG übe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer außerdem die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erforderten, und nehme die entsprechenden Pflichten der Wohnungseigentümer wahr.

Von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei indes die Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer zu unterscheiden. Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dieses selbst verbleibe aber im Bruchteilseigentum der einzelnen Wohnungseigentümer. Die Vertretungsmacht des Verwalters erstrecke sich nur auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Eine Vertretung der Gemeinschaft der Bruchteilseigentümer durch den Verwalter sei in der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetzes nicht mehr vorgesehen. Gegenstand der Belastung durch eine Grunddienstbarkeit, deren Inhalt das gemeinschaftliche Eigentum betreffe, sei aber das Grundstück als Ganzes. Die Belastung stelle eine Verfügung über dieses i. S. v. § 747 BGB dar, keine Verwaltungsmaßnahme nach § 18 Abs. 1 WEG. Die diesbezügliche Bewilligungsberechtigung komme allein den Wohnungseigentümern als Bruchteilseigentümern zu. § 9a Abs. 2 WEG ändere daran nichts. Der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei danach nur die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zugewiesen, nicht aber die Entscheidung über das sachenrechtliche Grundverhältnis. Gegenstand der Ausübungsbefugnis seien folglich nur die Rechte, die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergeben, nicht aber die Verfügung über dieses.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es der Sache nach vor allem um die Frage, ob die Belastung des gemeinschaftlichen Eigentums § 9a Abs. 2 WEG unterfällt. Wäre die Frage zu bejahen, könnte der Verwalter beispielsweise die Eintragung einer Dienstbarkeit namens der Wohnungseigentümer nach § 19 GBO bewilligen.

Umfang des § 9a Abs. 2 WEG

Das OLG entscheidet sich dafür, dass eine sachenrechtliche Verfügung über das gemeinschaftliche Eigentum nicht § 9a Abs. 2 WEG unterfällt. Dem ist auch zuzustimmen. Diese Sichtweise entspricht der ganz h. M. Nur das OLG Nürnberg sah es bislang anders. Dort entschied die Sache aber auch kein Spezialsenat.

6 Entscheidung

OLG München, Beschluss v. 5.8.2022, 34 Wx 301/22

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