Volker Hustedt, Gido Schür
Rz. 76
Mit Gesetz vom 16.7.2004 wurde in Belgien erstmals ein IPR-Gesetz (im Folgenden: IPRG) erlassen (in Kraft getreten am 1.10.2004), das das bis dahin weitgehend auf Richterrecht und Lehrmeinungen basierende Kollisionsrecht abgelöst und grundlegend umgestaltet hat. Für Eheschließungen seit dem 29.1.2019 gilt auch in Belgien für das Kollisionsrecht in Sachen Ehegüterrecht die EUGüVO 2016/1103, siehe dazu im Allgemeinen Teil § 1 Rdn 87 ff.
Das Kollisionsrecht für Eheschließungen vor diesem Datum (seit dem 1.10.2004) wird weiterhin durch das IPRG geregelt. In Art. 21 IPRG wird hierbei ausdrücklich der Vorbehalt des ordre public geregelt, wonach die Anwendung ausländischen Rechts ausgeschlossen ist, wenn dieses Recht gegen die grundlegenden Prinzipien der moralischen, politischen oder wirtschaftlichen Ordnung verstößt. Im Hinblick auf die Frage, ob eine Rückverweisung eines fremden Kollisionsrechts nach belgischem Recht zu beachten ist, hat das neue IPRG eine wesentliche Neuerung eingeführt: Wurde bis zu seinem Inkrafttreten ein renvoi von der h.L. und Rspr. zugelassen, so bestimmt nunmehr Art. 16 IPRG ausdrücklich, dass die Bestimmungen dieses Gesetzes nur auf das ausländische Sachrecht und nicht auch auf das ausländische Kollisionsrecht verweisen, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Ein renvoi ist hiernach grundsätzlich ausgeschlossen, eine Ausnahme ist im IPRG für das Eherecht nicht vorgesehen.
Rz. 77
Schließlich sind unter der Geltung des IPRG folgende Korrekturvorschriften zu beachten:
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Ist es dem Richter offensichtlich unmöglich, den Inhalt des nach dem belgischen IPRG anwendbaren ausländischen Rechts innerhalb eines angemessenen Zeitraums festzustellen, so findet gem. Art. 15 § 2 IPRG belgisches Recht Anwendung. |
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Weiter bleiben gem. Art. 18 IPRG bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts – soweit keine Rechtswahl zugelassen ist – Tatsachen und Handlungen unberücksichtigt, die mit dem einzigen Ziel herbeigeführt oder vorgenommen werden, ein anderes als vom Gesetz vorgesehenes nationales Recht zur Anwendung zu bringen (Umgehungshandlung). |
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Schließlich bestimmt Art. 19 IPRG, dass das nach dem IPRG vorgesehene nationale Recht ausnahmsweise dann keine Anwendung findet, wenn nach den Gesamtumständen des Einzelfalles der Sachverhalt zu diesem Staat nur eine sehr schwache Beziehung aufweist und demgegenüber zu einem anderen Staat eine sehr starke Beziehung. In einem solchen Fall ist das Recht des letztgenannten Staates anwendbar. |