Christoph Weling, Gido Schür
a) Testamentsvollstreckung
Rz. 72
Auch die Anordnung der Testamentsvollstreckung ist zulässig (exécuteur testamentaire), und zwar entweder zur Überwachung testamentarischer Anordnungen oder zu deren Ausführung. Soweit hierzu erforderlich, kann dem Testamentsvollstrecker zu diesem Zwecke testamentarisch auch das Verfügungsrecht über den Nachlass eingeräumt werden (Testamentsvollstrecker mit saisine), allerdings nur in Bezug auf bewegliche Nachlassgegenstände und zeitlich beschränkt auf ein Jahr und einen Tag, gerechnet vom Todestag an, Art. 4.212 ZGB. Durch die Anordnung der Testamentsvollstreckung mit saisine ist jedoch die Verfügungsmacht des Erben bzw. Vermächtnisnehmers nicht berührt. Soweit dem Testamentsvollstrecker ein Verfügungsrecht über die beweglichen Nachlassgegenstände nicht eingeräumt wurde, ist seine Funktion begrenzt auf die Überwachung der Nachlassabwicklung und die Vornahme bestimmter Sicherungsmaßnahmen, wie etwa die Versiegelung des Nachlasses oder Veranlassung der Aufnahme eines Nachlassinventars, vgl. Art. 4.213, § 1 ZGB.
b) Vor- und Nacherbschaft
Rz. 73
Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft ist wie die des Vor- und Nachvermächtnisses grundsätzlich verboten, Art. 4.133, § 1 Abs. 1 ZGB, wenn damit die Verpflichtung zur Erhaltung der Erbmasse für den Nacherben bzw. Nachvermächtnisnehmer verbunden ist. Die Einsetzung eines Nacherben bzw. Nachvermächtnisnehmers ist hiernach möglich, soweit sich die Bindung des Begünstigten darauf beschränkt, dass er über den vermachten Nachlass nicht unentgeltlich unter Lebenden oder von Todes wegen anderweitig verfügen darf – Residualvermächtnis/legs de residuo. Ein Residualvermächtnis könnte wie folgt lauten:
Formulierungsbeispiel: “Meine Ehegattin bezeichne ich – für den Fall, dass sie mich überleben sollte – als meine Alleinerbin: sie soll infolgedessen meinen gesamten Nachlass erben.
Sollte meine Ehegattin vor mir verstorben sein, so vermache ich hiermit meinen gesamten Nachlass den folgenden Personen zu gleichen Teilen, und zwar:
(…)
Wenn meine Ehegattin die Überlebende ist und meinen gesamten Nachlass erhält, sollen bei ihrem Ableben die Güter, die sie von mir geerbt hat und noch in ihrem Besitz sind, an die vorgenannten Personen zu gleichen Teilen übergehen.
Durch dieses Residualvermächtnis soll meine Ehefrau keinesfalls daran gehindert sein, die betroffenen Güter zu Lebzeiten entgeltlich oder unentgeltlich zu veräußern oder zu belasten.“
Im Rahmen der verfügbaren Quote (siehe Rdn 75 ff.) können darüber hinaus Eltern ihre Kinder bzw. kinderlose Erblasser ihre Geschwister mit der Verpflichtung zur Erhaltung des Nachlasses und der Maßgabe einsetzen, dass Nacherben bzw. Nachvermächtnisnehmer deren Kinder sind, und zwar alle und zu gleichen Teilen, Art. 4.133, § 1 Abs. 2 ZGB i.V.m. Art. 4.220 Abs. 1 ff. ZGB. Eine solche Verfügung zugunsten des Kindes des Erblassers könnte wie folgt lauten:
Formulierungsbeispiel: "Meinen gesamten Nachlass vermache ich meinem Sohn mit der Auflage, den verfügbaren Anteil meiner Nachlassgüter zu bewahren und seinen Kindern, die bereits geboren sind und noch in Zukunft geboren werden, zu gleichen Teilen zu überlassen. Dies gilt jedoch nur zugunsten der Abkömmlinge im ersten Grad."
Rz. 74
Darüber hinaus lassen sich die Wirkungen der Vor- und Nacherbfolge bzw. eines entsprechenden Vermächtnisses zumeist auch durch die Zuwendung eines Nießbrauchsvermächtnisses erreichen.