Rz. 125

Ehegatten, die ein einverständliches Scheidungsverfahren durchzuführen beabsichtigen, müssen zunächst die Modalitäten der Scheidung unter sich aushandeln und in einem Scheidungsvertrag[160] festlegen. Grundsätzlich gilt diesbezüglich das Prinzip der Willensfreiheit, vorbehaltlich der Vereinbarungen in Bezug auf etwaige Kinder.[161]

 

Rz. 126

Die Scheidungsvereinbarungen müssen wenigstens folgende Regelungen enthalten:[162]

Die Auflösung des ehelichen Güterstandes. Diese Regelung erfolgt auf dem Vergleichsweg in dem Sinne, dass die Ehegatten nicht unbedingt die gesetzlichen Regeln bezüglich der Liquidierung ihres Güterstandes und der Teilung von gemeinschaftlichem Vermögen beachten müssen.
Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten für den Fall, dass ein Ehegatte während des Scheidungsverfahrens verstirbt. In den Vereinbarungen können die Ehegatten nach freiem Ermessen bestimmen, ob der überlebende Ehegatte weiterhin erbberechtigt sein soll oder ob die Erbansprüche eingeschränkt oder gar vollkommen aufgehoben werden.[163] Diese Regelungen erhalten jedoch erst Wirkung nach Einreichen des Scheidungsantrags beim Gericht Erster Instanz.[164]
Die jeweiligen Wohnsitze der Ehegatten während des Scheidungsverfahrens. Die Ehegatten können eine rechtlich wirksame Vereinbarung treffen, durch welche die Verpflichtung des Zusammenwohnens aufgehoben wird. Die Ehegatten sind jedoch keineswegs verpflichtet, während des Scheidungsverfahrens getrennte Wohnsitze zu haben.[165]
Die Modalitäten der elterlichen Sorge in Bezug auf die Person und die Güter der gemeinsamen minderjährigen Kinder oder die Ausübungsmodalitäten des Rechts auf persönliche Beziehungen zu diesen Kindern.
Der Beitrag, den jeder Ehegatte für den Unterhalt, die Erziehung und die angemessene Ausbildung der Kinder zu leisten hat. Durch die entsprechenden Vereinbarungen wird lediglich im Innenverhältnis zwischen den Eltern der jeweils zu leistende Beitrag genau festgelegt. Diese Vereinbarungen beeinträchtigen nicht die generelle gesetzliche Verpflichtung, welche der Vater und die Mutter ihren Kindern gegenüber haben, im Verhältnis zu ihren jeweiligen Möglichkeiten für die Beherbergung, den Unterhalt, die Aufsicht, die Erziehung und Ausbildung der Kinder aufzukommen.[166] Die Regelungen in Bezug auf die ehelichen und/oder adoptierten Kinder der Eheleute sind sowohl für die Zeit des Scheidungsverfahrens als auch für die Zeit nach der Scheidung zu treffen.
Die Unterhaltszahlungen zwischen den Ehegatten. In den Scheidungsvereinbarungen ist festzulegen, ob ein Ehegatte an den anderen während des Scheidungsverfahrens und nach erfolgter Scheidung Unterhaltszahlungen zu leisten hat und – falls Alimente zu zahlen sind – ob der Betrag indexiert wird oder nach der Scheidung revidiert werden kann. Außer wenn die Parteien ausdrücklich das Gegenteil vereinbart haben, kann das Gericht auf Antrag einer der Parteien den Unterhalt zu einem späteren Zeitpunkt erhöhen, reduzieren oder abschaffen, wenn infolge neuer, vom Willen der Parteien unabhängiger Umstände der Unterhaltsbetrag nicht mehr angepasst erscheint.[167]
 

Rz. 127

Eine gerichtliche Kontrolle der getroffenen Scheidungsvereinbarungen ist grundsätzlich auf den Verstoß gegen das Gesetz, die guten Sitten und den ordre public beschränkt. Eine weitergehende richterliche Prüfung findet nur im Hinblick auf Regelungen bezüglich der Kinder statt (siehe Rdn 130 ff.).[168]

[160] Sofern in den Vereinbarungen keine Regelungen über den Grundbesitz der Ehegatten getroffen werden, ist ein privatschriftlicher Vertrag ausreichend. Eine notarielle Urkunde ist erforderlich, wenn Änderungen in Bezug auf den Grundbesitz der Ehegatten festgelegt werden.
[161] Die Vereinbarungen in Bezug auf Kinder werden im Hinblick auf die Wahrung der Interessen dieser Kinder von dem zuständigen Richter eingehend geprüft. Gegebenenfalls kann der Richter den Ehegatten diesbezügliche Änderungen der Vereinbarungen anheimlegen.
[162] Art. 1287 und 1288 GGB.
[163] Vgl. Schür/Weling, in: Süß, Erbrecht in Europa, Länderbericht Belgien, Rn 84.
[164] Cass., 6.3.2009 (www.juridat.be).
[165] Vieujean, Conventions-procédure in Démariage et coparentalité, S. 76.
[166] Art. 1288 Abs. 3 GGB.
[167] Art. 1288 Abs. 3 GGB.
[168] Pintens, Die Scheidung und ihre ehegüterrechtlichen Folgen im belgischen Familienrecht, FF 2011, 295 f.

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