Volker Hustedt, Gido Schür
aa) Einleitung
Rz. 50
Im Rahmen der Reform von 2018 hat der Gesetzgeber dem bis dahin rein vertraglich zu organisierenden Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der aus der Praxis heraus entwickelt worden ist, einen gesetzlichen Rahmen gegeben. Die Zugewinnklausel gilt dabei als nicht obligatorische Modalität der einfachen Gütertrennung, die die Auflösung dieses Güterstandes betrifft. Bei der Regelung hat man sich weitestgehend an dem deutsch-französischem Abkommen vom 4.5.2010 über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft orientiert. Allerdings gibt es Unterschiede: So weicht insbesondere die Definition von Zugewinn von diesem Abkommen ab und orientiert sich eher am Begriff der Errungenschaften der gesetzlichen Gütergemeinschaft (siehe Rdn 31 ff.).
Rz. 51
Die Ehegatten, die eine Zugewinnklausel vereinbart haben, unterliegen den Art. 1469/1 bis 1469/13 ZGB. Anfangsvermögen, Endvermögen, Zugewinnausgleichsforderung und deren Zahlung sind gemäß diesen Artikeln bestimmt. Die Ehegatten können in ihrer Ehevertragsvereinbarung von diesen hilfsweisen Bestimmungen abweichen und selbst Masse, Verteilungsschlüssel, Zeitpunkt und Modalitäten des Zugewinns vereinbaren.
Im Güterstand der Gütertrennung mit Zugewinngemeinschaft ist Zugewinn der Betrag, um den das Endvermögen eines Ehegatten sein Anfangsvermögen übersteigt. Bei Auflösung des Güterstandes ergibt sich die Zugewinnausgleichsforderung aus dem Vergleich der erzielten Zugewinne der Ehegatten.
bb) Anfangsvermögen
Rz. 52
Anfangsvermögen ist das Vermögen jedes Ehegatten am Tag des Eintritts des Güterstandes. Schulden werden im Anfangsvermögen berücksichtigt, auch wenn sie die Aktiva überschreiten. Güter und Ansprüche, die ein Ehegatte später durch Schenkung, Erbschaft oder Testament erwirbt, sowie diejenigen, die in Art. 1401 Par. 1 Ziff. 1 und Par. 2 ZGB erwähnt sind, werden dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Die in den Art. 1406 und 1407 ZGB erwähnten Schulden werden beim Anfangsvermögen selbst dann berücksichtigt, wenn sie die Aktiva überschreiten.
Dem Anfangsvermögen werden nicht zugerechnet:
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die Früchte der Güter, aus denen es zusammengesetzt ist |
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die Güter des Anfangsvermögens, die ein Ehegatte während des Güterstands Verwandten in gerader Linie geschenkt hat. |
Rz. 53
Die Ehegatten erstellen bei Abschluss des Ehevertrages ein Inventar über ihr Anfangsvermögen. Es wird vermutet, dass dieses Inventar richtig ist, wenn es von beiden Ehegatten unterzeichnet wurde. Ist kein Inventar erstellt worden, so wird vermutet, dass kein Anfangsvermögen vorhanden ist.
Rz. 54
Das Anfangsvermögen wird wie folgt bewertet:
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am Tag des Eintritts des Güterstandes vorhandene Güter werden mit dem Wert angesetzt, den sie zu diesem Zeitpunkt hatten, |
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nach dem Tag des Eintritts des Güterstandes erworbene Güter, die nach Art. 1469/2 Par. 2 ZGB dem Anfangsvermögen zuzurechnen sind, werden mit dem Wert angesetzt, den sie am Tag des Erwerbs hatten. |
In Abweichung dazu werden alle unbeweglichen Güter jedoch mit dem Wert angesetzt, den sie am Tag der Auflösung des Güterstandes haben. Wurden diese Güter während der Ehe übertragen oder ersetzt, so ist der Wert am Tag der Übertragung oder Ersetzung zugrunde zu legen. Änderungen ihres Zustandes, die während der Ehe vorgenommen worden sind, werden bei der Bewertung des Anfangsvermögens nicht berücksichtigt.
Werden die Güter zu einem Zeitpunkt vor der Auflösung des Güterstandes bewertet, so ist ihr Wert von diesem Zeitpunkt an an die Schwankung des allgemeinen Verbraucherpreisindexes anzupassen. Gleiches gilt auch für die Bewertung der Schulden des Anfangsvermögens.
cc) Endvermögen
Rz. 55
Das Endvermögen setzt sich aus den Gütern zusammen, die jedem Ehegatten am Tag der Auflösung des Güterstandes gehören. Schulden werden im Endvermögen berücksichtigt, auch wenn sie die Aktiva überschreiten.
Dem Endvermögen wird der Wert der Güter hinzugerechnet, die ein Ehegatte:
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verschenkt hat, es sei denn,
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die Schenkung ist nach der Lebensführung der Ehegatten angemessen oder |
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es wurde einem Verwandten in gerader Linie ein Gut aus dem Anfangsvermögen geschenkt. Der Mehrwert durch Verbesserungen an einem solchen Gut, der während der Dauer des Güterstands durch vom Anfangsvermögen unabhängige Mittel erzielt wurde, ist dem Endvermögen gleichwohl zuzurechnen, |
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in der Absicht, den anderen zu benachteiligen, übertragen hat, oder |
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verschwendet hat. |
Dies gilt nicht, wenn die Schenkung, betrügerische Veräußerung oder Verschwendung mehr als zehn Jahre vor der Auflösung des Güterstandes erfolgt ist oder der andere Ehegatte damit einverstanden gewesen ist.
Rz. 56
Dem Endvermögen wird sowohl hinsichtlich Aktiva als auch Passiv...