Christoph Weling, Gido Schür
Rz. 39
Unter Beachtung der vorstehenden Grundsätze gilt für das Erbrecht der Verwandten des Erblassers innerhalb einer Erbklasse Folgendes:
Erste Klasse: Abkömmlinge
Abkömmlinge ersten Grades erben zu gleichen Teilen und nach Köpfen, Art. 4.16 ZGB. Dies gilt für eheliche und – infolge der Reform des belgischen Erbrechts vom 31.3.1987 bzw. 6.6.1987 – auch für nichteheliche Kinder und für Adoptivkinder uneingeschränkt bei der Volladoption. In den Fällen der Einfachadoption hat das adoptierte Kind gem. Art. 4.12 ZGB nur nach dem Adoptierenden (und nicht dessen Aszendenten) ein gesetzliches Erbrecht, wobei es sein gesetzliches Erbrecht zu seinen Blutsverwandten in vollem Umfange behält.
Zweite Klasse: Privilegierte Aszendenten und Seitenverwandte
Ein ohne Abkömmlinge verstorbener Erblasser wird von beiden Elternteilen zur einen Hälfte und zur anderen Hälfte von seinen Geschwistern beerbt. Letztere erben untereinander jeweils zu gleichen Teilen. Leben zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers beide Eltern, hinterlässt er jedoch weder Kinder noch Geschwister oder Abkömmlinge von diesen, so erben beide Elternteile zu gleichen Teilen. Gelangt nur ein Elternteil zur Erbfolge, so erbt dieser zu ¼ und die Geschwister zu ¾ Anteil, untereinander wiederum zu gleichen Teilen. Leben beide Elternteile zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr, so erben die Geschwister zu gleichen Teilen, vgl. Art. 4.26 ff. ZGB.
Dritte Klasse: Nicht privilegierte Aszendenten
Verstirbt der Erblasser ohne Hinterlassung von Abkömmlingen, Geschwistern oder Abkömmlingen von diesen, so wird der Nachlass gem. Art. 4.29 ZGB auf die Aszendenten der mütterlichen und der väterlichen Linie zu je ½ Anteil aufgeteilt. Zwischen diesen beiden Linien kommt es für die Feststellung des Erbrechts nicht auf den Verwandtschaftsgrad an. Innerhalb der väterlichen und der mütterlichen Linie erben jeweils die gradnächsten Aszendenten, Aszendenten gleichen Grades innerhalb einer Linie untereinander zu gleichen Teilen. Sind aufsteigende Verwandte nur in einer Linie vorhanden, so erben diese nach Maßgabe des Gradsystems zu ½ Anteil. Die andere Hälfte erben die Seitenverwandten der anderen Linie (vierte Klasse – siehe folgender Abschnitt) unter Beachtung des Gradsystems und dann untereinander zu gleichen Teilen, Art. 4.28–4.30 ZGB. Hinsichtlich dieses Erbteils der Seitenverwandten steht dem überlebenden Elternteil zu ⅓ Anteil ein Nießbrauchsrecht zu, Art. 4.28–4.30 ZGB.
Vierte Klasse: Nicht privilegierte Seitenverwandte
Die vierte Klasse wird durch die Seitenverwandten des Erblassers gebildet, die nach Maßgabe des Gradsystems und zu gleichen Teilen erben, sofern Erben der vorgehenden Erbklassen nicht vorhanden sind. Hierbei ist zu beachten, dass nur Seitenverwandte des Erblassers bis zum 4. Grad zur Erbfolge berufen sind, es sei denn, es greifen die Regelungen der Erbvertretung (vgl. Rdn 38 a.E.), Art. 4.11, § 6 ZGB.