Christoph Weling, Gido Schür
aa) Erbvertrag zwischen (zukünftigen) Eheleuten – "Pacte Valkeniers" gemäß Art. 2.3.3 ZBG
Rz. 67
Falls mindestens einer der (zukünftigen) Ehepartner Kinder aus einer vorherigen Beziehung hat, kann im Ehevertrag (oder anlässlich einer Abänderung des Ehevertrags/Güterstands) eine Partei auf ihre Ansprüche im Nachlass ihres (zukünftigen) Ehepartner ganz oder teilweise verzichten. Dieser Verzicht kann sowohl einseitig also auch bilateral sein. Das unantastbare Minimum/Pflichtteil, auf das nicht verzichtet werden kann, ist ein auf sechs Monate begrenzter Nießbrauch an der Immobilie, die der Familie am Tag der Nachlasseröffnung als Hauptwohnung diente, und an dem darin vorhandenen Hausrat.
Dieser Erbvertrag beeinträchtigt nicht das Recht der Ehepartner, zugunsten des anderen durch Testament oder durch Schenkung zu verfügen.
bb) Erbvertrag bezüglich des im Rahmen der Rückführung oder der Kürzung von Schenkungen zu berücksichtigenden Werts
Rz. 68
Gemäß Art. 4.90 § 5 ZGB können die nicht beschenkten mutmaßlichen Erben des Schenkers in der Schenkungsurkunde intervenieren, um der Einschätzung der geschenkten Güter zuzustimmen. Der vereinbarte Wert wird dadurch für die zustimmenden Erben zum Zeitpunkt der Liquidierung des Nachlasses unanfechtbar, sowohl im Rahmen der Rückführung der Schenkung als auch im Rahmen einer etwaigen Kürzung dieser.
Anders als der globale Erbvertrag muss dieser Erbvertrag nicht alle mutmaßlichen Erben einbeziehen um gültig zu sein.
cc) Änderung des rückführbaren Charakters einer Schenkung
Rz. 69
Der zukünftige Erblasser, der bereits eine Schenkung getätigt hat, kann nach dieser Schenkung den rückführbaren oder nicht rückführbaren Charakter der Schenkung ändern, gemäß Art. 4.84 ZBG. Zu Lebzeiten bedarf es des Einverständnisses des Beschenkten und einer notariellen Urkunde, die aber nicht die Formvorschriften eines Erbvertrages einhalten muss. Die Umwandlung des rückführbaren Charakters einer getätigten Schenkung kann ebenfalls per Testament erwirkt werden – und somit ohne das Einverständnis des Beschenkten.
dd) Verzicht auf die Kürzung einer Schenkung (Art. 4.152 ZGB)
Rz. 70
Ein mutmaßlicher Erbe in absteigender direkter Linie kann zu Lebzeiten des künftigen Erblassers darauf verzichten, die Kürzung einer oder mehrerer bestimmten Schenkung(en) zu beantragen. Hier kann es sich um Schenkungen gleich welcher Art handeln, unabhängig von der Identität des Beschenkten (der durchaus auch ein nicht-mutmaßlicher Erbe sein kann).
Der Erbvertrag muss die obigen Formvorschriften befolgen, mit dem einzigen Unterschied, dass es sich um eine einseitige individuelle Verzichtserklärung handelt.
ee) Aszendententeilung (Art. 4.229, Abs. 2 und 3 ZGB)
Rz. 71
Ein Elternteil kann in der gleichen Urkunde alle seine mutmaßlichen Erben in gerader absteigender Linie beschenken und in der gleichen Urkunde die geschenkten Werte unter seinen mutmaßlichen Erben im Wege der Teilung aufteilen. Ziel der Aszendententeilung ist es, das Vermögen zwischen den mutmaßlichen Erben aufzuteilen (z.B. um Streit zu vermeiden oder um zu gewährleisten, dass eine bestimmte Sache dem Erben zukommt, für den die abtretende Generation es bestimmt), nicht einen Erben zu bevorzugen. Wie im globalen Erbvertrag muss also das Gleichgewicht zwischen den mutmaßlichen Erben bewahrt werden. Hier wird das erzielte Gleichgewicht mathematisch bewertet, und nicht subjektiv.