Volker Hustedt, Gido Schür
Rz. 140
Die Scheidung hat deklaratorische Wirkung (effet déclaratif) in dem Sinne, dass sie zwischen den Ehegatten nur für die Zukunft wirksam ist. Die Auflösung des ehelichen Güterstandes erfolgt Dritten gegenüber ab Eintragung des Urteils in die Datenbank der Personenstandsurkunden (DPSU), zwischen Eheleuten jedoch rückwirkend. Alle Rechtsfolgen der Ehe werden aufgehoben, ausgenommen, was die Situation der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder und gewisse vermögensrechtliche Wirkungen der Ehe angeht.
I. Scheidung wegen unheilbarer Zerrüttung der Ehe
Rz. 141
Die persönlichen Folgen der Eheschließung, insb. die Verpflichtung des Zusammenwohnens, die Treue-, Sorge- und Beistandspflicht, enden mit dem Datum, an dem das Scheidungsurteil rechtswirksam wird (siehe Rdn 123, 133).
1. Vermögensteilung
Rz. 142
Die Auflösung des ehelichen Güterstandes wird Dritten gegenüber erst mit der Eintragung des Scheidungsurteils in die DPSU und zwischen Ehepartnern rückwirkend ab dem Datum des ersten Scheidungsantrags wirksam. Auf Antrag einer Partei kann das Gericht jedoch nach Billigkeit aufgrund außergewöhnlicher Umstände entscheiden, dass einzelne Vermögenswerte und/oder Schulden oder alle Vermögenswerte und Schulden, die seit dem Datum der Trennung der Ehegatten erworben bzw. gemacht wurden, nicht bei der Vermögensteilung zu berücksichtigen sind. Auf Antrag einer Partei ordnet das Gericht entweder im Scheidungsurteil oder in einem späteren Urteil die Liquidation des ehelichen Güterstandes und die Teilung gemeinschaftlicher Vermögenswerte und Verbindlichkeiten an und bezeichnet einen Notar, der diese Liquidation vorzunehmen hat. Das Liquidationsverfahren wird alsdann, entsprechend den durch das Gerichtsgesetzbuch vorgeschriebenen Regeln, durchgeführt.
2. Nachehelicher Unterhalt
Rz. 143
Der nacheheliche Unterhalt, der in Art. 301 ZGB geregelt ist, ersetzt die eheliche Sorgepflicht ab dem Zeitpunkt, in dem das Scheidungsurteil rechtskräftig wird. Nach Abschaffung der Schuldscheidung (siehe Rdn 97 ff.) ist nunmehr die Bedürftigkeit eines Ehegatten das Ausgangskriterium für die Bewilligung und Festlegung des nachehelichen Unterhalts. In Ermangelung einer diesbezüglichen Einigung der Parteien kann das Gericht im Urteil, durch das die Ehescheidung ausgesprochen wird, oder durch eine spätere Entscheidung auf Ersuchen des bedürftigen Ehegatten diesem Unterhalt zu Lasten des anderen Ehegatten zuerkennen. Dieser Anspruch ist jedoch nicht absolut: Das Gericht kann die Unterhaltszahlung verweigern, wenn der Beklagte nachweist, dass der Antragsteller einen schweren Fehler begangen hat, durch den die Fortsetzung des Zusammenlebens unmöglich gemacht wurde. Das Gericht muss die Klage abweisen, wenn der Kläger wegen Gewalt gegen seinen Ehepartner verurteilt wurde. Wenn der Beklagte nachweist, dass die Bedürftigkeit des Klägers aus einer einseitig von Letzterem getroffenen Entscheidung resultiert, ohne dass die Bedürfnisse der Familie diese Wahl notwendig gemacht haben, kann er von der Zahlung des Unterhalts befreit oder lediglich verpflichtet werden, einen reduzierten Unterhalt zu zahlen.
Rz. 144
Die Höhe des nachehelichen Unterhalts wird durch das Gericht festgelegt. Dabei soll der Unterhaltsberechtigte zumindest aus seiner Bedürftigkeit befreit werden unter Berücksichtigung der Einkünfte und Möglichkeiten der Ehegatten und einer evtl. bedeutsamen Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Unterhaltsberechtigten. Das heißt, dass der Unterhaltsbetrag keinesfalls nur zur Abdeckung der Bedürftigkeit des Berechtigten dient, sondern auch der wirtschaftlichen Verschlechterung des Ehegatten durch die Scheidung selbst Rechnung trägt. Zur Beurteilung dieser Verschlechterung stützt der Richter sich u.a. auf die Dauer der Ehe, das Alter der Parteien, ihr Verhalten während der Ehe in Bezug auf die Organisation ihrer Bedürfnisse und die Betreuung der Kinder während des Zusammenlebens oder danach. Der Richter kann ggf. entscheiden, dass der Unterhalt degressiv sein wird und in welchem Maße er es sein wird. Der Unterhaltsbetrag ist in jedem Fall auf ein Drittel der Nettoeinkünfte des unterhaltspflichtigen Ehegatten beschränkt. Der Unterhalt kann jederzeit aufgrund einer vom Gericht homologierten Vereinbarung der Parteien oder auf Antrag des unterhaltspflichtigen Ehegatten durch einen Kapitalbetrag ersetzt werden.
Rz. 145
Die Dauer der Unterhaltsverpflichtung darf die Dauer der Ehe nicht übersteigen. Im Falle außergewöhnlicher Umstände kann das Gericht diese Frist verlängern, wenn der Unter...