Sarah Kocks, Diana Rjabynina
I. Rechtsstellung der Gesellschafter
Rz. 80
Die Gesellschafterversammlung ("assemblée générale/algmene vergadering") ist das höchste Organ, das den Gesellschaftern der GmbH die gemeinsame Kontrolle der Geschäftsführung ermöglicht. In der GmbH wird die Restkompetenz jedoch dem geschäftsführenden Organ überlassen (Art. 5:73–5:81 GGV). Dies bedeutet, dass die Geschäftsführung sämtliche Handlungen vornehmen kann, die nicht ausschließlich der Gesellschafterversammlung zugewiesen wurden.
Die Gesellschafterversammlung verfügt über die folgenden exklusiven Kompetenzen:
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Änderungen der Gesellschaftssatzung; |
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Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung und der Rechnungsprüfer; |
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Festlegung der Vergütung der Geschäftsführung; |
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Genehmigung des Jahresabschlusses und Entlastung der Geschäftsführung und der Rechnungsprüfer; |
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Ausschüttung von Dividenden, Ausgabe neuer Anteile und Entscheidungen über zusätzliche Einlagen. |
Dieser Zuständigkeitskatalog kann durch die Satzung erweitert bzw. modifiziert werden. Eine Änderung ist Dritten gegenüber jedoch nicht durchsetzbar, selbst dann nicht, wenn sie im Belgischen Staatsblatt veröffentlicht wird (Art. 5:81 GGV).
Rz. 81
Die Gesellschafter haften grundsätzlich bis zur Höhe ihrer Einlage. Für die Gesellschaftsgründer besteht allerdings im Falle der Insolvenz der Gesellschaft die Gefahr einer darüber hinausgehenden Haftung (siehe Rdn 50, 51).
II. Registrierung der Gesellschafter
Rz. 82
Bei einer GmbH nach belgischem Recht lauten alle Anteile zwingend auf den Namen des betreffenden Gesellschafters.
Rz. 83
Gemäß Art. 5:24 GGV müssen alle Anteile im Anteilsregister ("registre des associés/register van aandelen“) eingetragen werden. Das Anteilsregister wird am Sitz der Gesellschaft geführt. Die Geschäftsführung kann jedoch auch dafür optieren, dieses Register in elektronischer Form zu führen."
Das Anteilsregister enthält zwingend die folgenden Informationen (Art. 5:25 GGV):
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die Gesamtzahl der von der Gesellschaft ausgegebenen Anteile und ggf. die Gesamtzahl pro Typ, |
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genaue Angaben über die Person des jeweiligen Gesellschafters und die Anzahl der von ihm gehaltenen Anteile, |
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die geleisteten Einlagen, |
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etwaige in der Satzung festgelegte Beschränkungen für die Übertragung sowie |
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die Übertragung und Übergänge der Anteile und deren Datum. |
Durch die Eintragungen im Anteilsregister wird das Eigentum an den jeweiligen Anteilen nachgewiesen (Art. 5:29 GGV).
III. Übertragung von Gesellschaftsanteilen
1. Anteilsübertragung unter Lebenden
Rz. 84
Hinsichtlich der Übertragung von Anteilen wurde mit der Gesetzesreform die Regelung, dass die gesetzlichen Beschränkungen der Übertragung von Gesellschaftsanteilen nicht gelockert, sondern nur verschärft werden können, für die GmbH abgeschafft. Die Beschränkung der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen innerhalb einer GmbH wird beibehalten, hat jedoch lediglich noch ergänzenden Charakter. Die Satzung kann hiervon abweichen und die Anteile dann sogar uneingeschränkt übertragbar machen. Gemäß Art. 5:63 GGV können Anteile einer GmbH unter Lebenden nur mit Zustimmung von wenigstens der Hälfte der Gesellschafter, welche zumindest drei Viertel des Gesellschaftsvermögens (abzüglich des zu übertragenden Anteils) repräsentieren, übertragen werden – dies gilt, insofern die Satzung keine Regelung zur Übertragbarkeit der Anteile vorsieht.
Allerdings kann die Zustimmung zur Übertragung unter Lebenden bei grundloser Weigerung eines oder mehrerer Gesellschafter u.U. gerichtlich erzwungen werden (Art. 5:64 GGV).
Lediglich bei drei im Gesetz genannten Ausnahmefällen ist keine Zustimmung der übrigen Gesellschafter gem. Art. 5:63 § 1, Abs. 2 GGV erforderlich, namentlich bei Übertragung an:
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einen Mitgesellschafter; |
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den Ehegatten/die Ehegattin des Anteilsübertragenden oder des Erblassers; |
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einen Blutsverwandten des Anteilsübertragenden in aufsteigender oder abfallender Linie. |
Dies gilt auch, wenn die Satzung die Übertragbarkeit der Anteile nicht regelt.
Rz. 85
Jede Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist zwingend im Anteilsregister zu vermerken. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass im Rahmen einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen die Drittwirkung erst eintritt, wenn eine entsprechende Änderung des Anteilsregisters erfolgt ist. Im Übrigen werden jedoch für die Übertragung von Gesellschaftsanteilen gemäß belgischem Recht keinerlei Formalitäten verlangt. Dennoch wird in der Praxis häufig zwischen der übertragenden und der übernehmenden Partei ein schriftlicher Übertragungsvertrag erstellt.
Rz. 86
Bei der Feststellung des Übernahmepreises sind häufig bis zu drei Sachverständige zu bestellen, was mit hohen Kosten verbunden ist. Um diese zu vermeiden, ist in der Praxis die Anwendung des aus dem deutschen Recht übernommenen "Stuttgarter Verfahrens" immer häufiger zu beobachten.
2. Vererbung von Gesellschaftsanteilen
Rz. 87
Auch für die Vererbung von Gesellschaftsanteilen ist die Zustimmung der Mitgesellschafter – unter den für die Übertragung unter Lebenden vorgeschriebenen Mehrheitsverhältnissen – zwingende Voraussetzung. Hierbei handelt es sich erneut um eine dispositive Bestimmung, von der die Satzung abweichen kann.
Im Falle des Übergangs von...