Volker Hustedt, Gido Schür
I. Freie Lebensgemeinschaft
Rz. 163
Die freie Lebensgemeinschaft ist in Belgien gesetzlich nicht geregelt. Eine analoge Anwendung des Eherechts auf diese Lebensgemeinschaften ist ausgeschlossen. Die freie Lebensgemeinschaft hat keinerlei rechtliche Folgen hinsichtlich der persönlichen Beziehungen zwischen den Partnern. Ähnliche Pflichten wie bei Ehepartnern entstehen nicht durch die Lebensgemeinschaft (Zusammenwohnen, Treue, Hilfe und Beistand, Beitrag zu den Haushaltskosten usw.). In Ermangelung einer gesetzlichen Regelung wenden Rechtsprechung und Rechtslehre diverse zivilrechtliche Regelungen insbesondere auf die finanziellen Aspekte der Lebensgemeinschaft an (Umwandlung einer Naturalobligation in eine zivilrechtliche Verpflichtung, zivilrechtliche Haftung, ungerechtfertigte Bereicherung, faktische Gesellschaft zwischen Lebenspartnern).
Rz. 164
Zur Reglung der vermögensrechtlichen und finanziellen Aspekte der Partnerschaft empfiehlt sich der Abschluss eines Partnerschaftsvertrages, der entweder privatschriftlich oder vor einem Notar geschlossen wird. Die persönlichen Folgen der Lebensgemeinschaft können in einem solchen Vertrag nicht geregelt werden, da diese Folgen den Regeln des ordre public obliegen. Die Partner können sich bspw. nicht rechtsgültig zum Zusammenwohnen oder zur gegenseitigen Treue verpflichten. Desgleichen können sie nicht von den unabdingbaren Vorschriften im Bereich des Erbrechts, der Vormundschaft oder des Sorgerechts vertraglich abweichen. Im Partnerschaftsvertrag kann allerdings bspw. geregelt werden, wie die Parteien
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ihren finanziellen Beitrag zur Deckung der Kosten der Lebensgemeinschaft leisten werden; |
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die Eigentumsansprüche in Bezug auf ihr Vermögen beweisen können; |
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zwischen ihnen entstehende Eigentumsgemeinschaften in Bezug auf Mobilien oder Immobilien und ggf. deren Auflösung regeln. |
Der Partnerschaftsvertrag ist nur im Innenverhältnis bindend. Dritten gegenüber ist er gemäß dem allgemeinen Vertragsrecht begrenzt wirksam.
II. Gesetzliches Zusammenwohnen
1. Voraussetzungen für die Begründung
Rz. 165
Durch das Gesetz vom 23.11.1998 wurde eine neue Form der Lebensgemeinschaft, nämlich eine rechtlich anerkannte, registrierte Lebensgemeinschaft, eingeführt, das sog. gesetzliche Zusammenwohnen. Dieses wird durch die Art. 1475 ff. ZGB geregelt.
Rz. 166
Diese Form der Lebensgemeinschaft kann von zwei Personen (verschiedenen oder gleichen Geschlechts), die zusammenleben, begründet werden. Diese Personen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
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Sie dürfen weder verheiratet noch durch gesetzliches Zusammenwohnen mit einem anderen Partner gebunden sein. |
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Sie müssen entsprechend den Vorschriften der Art. 1123 und 1124 ZGB vertragsfähig sein. |
Rz. 167
Die Begründung des gesetzlichen Zusammenwohnens erfolgt durch eine schriftliche, von beiden Parteien unterzeichnete Willenserklärung, die dem Standesbeamten der Gemeinde, in welcher sich der gemeinsame Aufenthaltsort befindet (oder befinden wird), zu überreichen ist. Die Erklärung wird anschließend in den Einwohnerregistern der Gemeinde registriert.
Rz. 168
Bevor die Erklärung des gesetzlichen Zusammenwohnens abgegeben wird, können die Parteien ergänzend zu den gesetzlichen Vorschriften die Modalitäten ihres Zusammenwohnens in einer notariellen Urkunde regeln unter der Voraussetzung, dass der Vertrag nicht gegen die Vorschriften des Art. 1477 ZGB, die öffentliche Ordnung, die guten Sitten, die Vorschriften über die elterliche Gewalt und die Vormundschaft sowie die gesetzlichen Erbrechte verstößt. Im notariellen Partnerschaftsvertrag können bspw. güterrechtliche Vereinbarungen, die Beteiligung an den Kosten des Zusammenlebens, eine Trennungsentschädigung usw. festgelegt werden. Der notarielle Vertrag ist Dritten gegenüber nicht wirksam. Dieser Vertrag ist genau wie seine späteren Änderungen durch den beurkundenden Notar im zentralen Ehevertragsregister eintragen zu lassen.