Volker Hustedt, Gido Schür
1. Voraussetzungen für die Begründung
Rz. 165
Durch das Gesetz vom 23.11.1998 wurde eine neue Form der Lebensgemeinschaft, nämlich eine rechtlich anerkannte, registrierte Lebensgemeinschaft, eingeführt, das sog. gesetzliche Zusammenwohnen. Dieses wird durch die Art. 1475 ff. ZGB geregelt.
Rz. 166
Diese Form der Lebensgemeinschaft kann von zwei Personen (verschiedenen oder gleichen Geschlechts), die zusammenleben, begründet werden. Diese Personen müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
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Sie dürfen weder verheiratet noch durch gesetzliches Zusammenwohnen mit einem anderen Partner gebunden sein. |
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Sie müssen entsprechend den Vorschriften der Art. 1123 und 1124 ZGB vertragsfähig sein. |
Rz. 167
Die Begründung des gesetzlichen Zusammenwohnens erfolgt durch eine schriftliche, von beiden Parteien unterzeichnete Willenserklärung, die dem Standesbeamten der Gemeinde, in welcher sich der gemeinsame Aufenthaltsort befindet (oder befinden wird), zu überreichen ist. Die Erklärung wird anschließend in den Einwohnerregistern der Gemeinde registriert.
Rz. 168
Bevor die Erklärung des gesetzlichen Zusammenwohnens abgegeben wird, können die Parteien ergänzend zu den gesetzlichen Vorschriften die Modalitäten ihres Zusammenwohnens in einer notariellen Urkunde regeln unter der Voraussetzung, dass der Vertrag nicht gegen die Vorschriften des Art. 1477 ZGB, die öffentliche Ordnung, die guten Sitten, die Vorschriften über die elterliche Gewalt und die Vormundschaft sowie die gesetzlichen Erbrechte verstößt. Im notariellen Partnerschaftsvertrag können bspw. güterrechtliche Vereinbarungen, die Beteiligung an den Kosten des Zusammenlebens, eine Trennungsentschädigung usw. festgelegt werden. Der notarielle Vertrag ist Dritten gegenüber nicht wirksam. Dieser Vertrag ist genau wie seine späteren Änderungen durch den beurkundenden Notar im zentralen Ehevertragsregister eintragen zu lassen.
2. Rechtsfolgen
Rz. 169
Die gesetzlichen Rechtsfolgen der Erklärung des gesetzlichen Zusammenwohnens sind rein materieller Art und vergleichbar mit einigen allgemeinen Ehewirkungen (régime primaire).
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Der Schutz der Art. 215, 220 § 1 und 224 § 1 ZGB ist auf die Wohnung, die Einrichtung und den Hausrat anwendbar (siehe Rdn 20 ff.). |
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Die zusammenwohnenden Partner haben sich nach den jeweiligen Möglichkeiten an den Aufwendungen der Lebensgemeinschaft zu beteiligen. |
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Die Partner haften gemeinsam für Verbindlichkeiten, die eine Partei allein zum Zwecke der Haushaltsführung und Kindererziehung eingeht, sofern diese Verbindlichkeiten in einem angemessenen Verhältnis zu den Mitteln der Zusammenwohnenden stehen. |
Rz. 170
Diese gesetzlichen Rechtsfolgen können vertraglich nicht ausgeschlossen oder verändert werden. Außerdem regelt das Gesetz die güterrechtlichen Folgen des gesetzlichen Zusammenwohnens im Sinne einer Gütertrennung, wobei die Parteien durch einen notariellen Vertrag von diesen gesetzlichen Vorschriften abweichen können. Nach der gesetzlichen Regelung bleibt jede Partei Eigentümer ihrer Einkünfte und der Güter, die sie nachweislich alleine erworben hat. Kann eine Partei diesen Nachweis nicht erbringen, so gilt eine gesetzliche Vermutung, dass es sich um gemeinschaftlichen Besitz handelt.
Rz. 171
Seit dem 18.5.2007 sieht das Zivilgesetzbuch gesetzliche Erbrechte für den hinterbliebenen gesetzlich Zusammenwohnenden vor. Gemäß Art. 745octies ZGB erhält dieser das Nutznießungsrecht an der Immobilie, die während des Zusammenlebens der Familie als gemeinsamer Wohnsitz diente, und an dem darin befindlichen Hausrat. Lebten die gesetzlich Zusammenwohnenden in einem Miethaus oder einer Mietwohnung, erhält er, unter Ausschluss aller anderen Erben, alleine das Mietrecht an diesem Haus oder dieser Wohnung und das Nutznießungsrecht an dem darin befindlichen Hausrat. Darüber hinaus bedarf es einer testamentarischen Verfügung zugunsten des Partners. Erbschaftsteuerlich sind die gesetzlich Zusammenwohnenden mit Eheleuten gleichgestellt.
Rz. 172
Das gesetzliche Zusammenwohnen hat keinerlei Auswirkungen auf die persönlichen Rechte und Verpflichtungen der Parteien. Eine Alimentenpflicht, Auswirkungen auf das Statut der Kinder, eine Verpflichtung des Zusammenwohnens, Sorge- und Treue...