Leitsatz
Es entspricht inzwischen ständiger Rechtsprechung, dass ein Splittingvorteil nach einer Wiederverheiratung bei der Berechnung des unterhaltsrelevanten Einkommens des Unterhaltspflichtigen ebenso unberücksichtigt zu bleiben hat, wie ein Mehrverdienst aus einer nicht mehr in der Ehe angelegten Einkommensentwicklung. Hieraus hat sich in den letzten Jahren eine umfangreiche Rechtsprechung zur Höhe des in den einzelnen Unterhaltsverhältnissen maßgebenden Einkommens entwickelt. Im vorliegenden Fall ging es um die Bemessung des Vorteils aus der Inanspruchnahme des begrenzten Realsplittings sowie die Höhe des bedarfsprägend anzusetzenden Kindesunterhalts.
Sachverhalt
Die Parteien hatten im Dezember 1980 geheiratet und waren im Jahre 1987 rechtskräftig geschieden worden. Aus ihrer Ehe waren zwei in den Jahren 1982 und 1985 geborene Kinder hervorgegangen. Am 14.12.1995 schlossen die Parteien einen gerichtlichen Vergleich zum Kindes- und nachehelichen Ehegattenunterhalt. In diesem Vergleich verpflichtete sich der Beklagte u.a. zur Zahlung nachehelichen Unterhalts i.H.v. 150,00 DM über dem angemessenen Selbstbehalt bis einschließlich August 2001. Eventuell danach noch bestehende Ansprüche auf Ehegattenunterhalt sollten nach den dann gegebenen Verhältnissen unter Berücksichtigung der Position des Beklagten als leitender Oberarzt und ständiger Chefarztvertreter berechnet werden. Der Beklagte war wieder verheiratet und bezog Nebeneinkünfte auf der Grundlage des Ehegattensplittings seiner neuen Ehe. Inzwischen war er als Chefarzt tätig.
Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage zunächst laufenden Unterhalt für die Zeit ab September 2001. Erstinstanzlich wurde der Beklagte zur Zahlung monatlichen nachehelichen Unterhalts i.H.v. 783,00 EUR verurteilt. Hiergegen hat er Berufung eingelegt und die bereits erstinstanzlich von ihm beantragte Klageabweisung weiterverfolgt. Die Klägerin hat mit ihrer unselbständigen Anschlussberufung höheren Unterhalt begehrt.
Im Berufungsverfahren hatten die Parteien den Rechtsstreit im Hinblick auf die laufenden Zahlungen des Beklagten auf den nachehelichen Unterhalt für die Zeit ab September 2001 bis April 2004 übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 930,00 EUR für Mai und Juni 2004, i.H.v. monatlich 755,00 EUR für die Zeit von Juli bis September 2004 und i.H.v. monatlich 750,00 EUR für die Zeit ab Oktober 2004 zu zahlen.
Dabei hat es aufseiten des Beklagten ein fiktives Einkommen mit einem Lohnsteuerabzug nach Steuerklasse I angesetzt, auf dieser Grundlage auch die Vorteile aus dem begrenzten Realsplitting berechnet und den im Vorwegabzug berücksichtigten Kindesunterhalt nach dem geringen fiktiven Einkommen bemessen. Eine Befristung des Anspruchs hat das OLG abgelehnt.
Mit seiner - zugelassenen - Revision wandte sich der Beklagte gegen die Anrechnung eines - fiktiven - höheren Vorteils aus dem begrenzten Realsplitting, den seiner Meinung nach zu geringen Vorwegabzug beim Kindesunterhalt und die Ablehnung einer Befristung des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt.
Sein Rechtsmittel blieb erfolglos.
Entscheidung
In seiner Entscheidung hat der BGH ausgeführt, dass zwar grundsätzlich auf die tatsächlichen Einkommensverhältnisse und die damit verbundene Steuerlast abzustellen sei. Hiervon sei aber dann eine Ausnahme zu machen, wenn das Einkommen um nicht prägende Bestandteile oder Vergünstigungen zu bereinigen sei, die dem Unterhaltsberechtigten nicht zugute kommen dürften. Auch Vorteile aus dem begrenzten Realsplitting seien nach dem Urteil des BGH v. 28.2.2007 (FamRZ 2007, 793) nur in dem Umfang zu berücksichtigen, wie diese auf Grund tatsächlicher Zahlungen zu realisieren waren bzw. bei schuldhafter Nichtleistung hätten realisiert werden können. Für die von ihm i.H.v. rund 9.370,00 EUR erbrachten Zahlungen hätte es dem Beklagten oblegen, einen steuerlichen Freibetrag in Anspruch zu nehmen.
In der in der Literatur umstrittenen Frage, auf welcher Grundlage die steuerlichen Folgen aus dem Realsplitting zu beurteilen seien, folgte der BGH der Auffassung, dass der Betrag maßgeblich sei, wie er sich aus einer fiktiven Besteuerung nach der Grundtabelle errechne. Der geschiedene Ehegatte dürfe zwar nicht von der steuerlichen Entlastung aus der neuen Ehe profitieren, müsse aber auch keine Verschlechterung seiner Position hinnehmen. Eine andere Form der Berechnung sei außerdem nicht praktikabel. Dieselben Grundsätze seien auch bei der Berücksichtigung des bedarfsprägenden Kindesunterhalts anzuwenden. Wenn der Ehegattenunterhalt sich nach einem geringeren fiktiven Einkommen beurteile, sei auch ein entsprechend geringerer Kindesunterhalt anzusetzen. Der nach dem tatsächlichen Einkommen zu bemessende höhere Kindesunterhalt sei hingegen aus dem unterhaltsrechtlich unberücksichtigt gebliebenen Einkommen aufzubringen.
Der BGH folgte der Auffassung des OLG insoweit nicht, als von dort angenommen worden war, dass ...