Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 27 WEG, § 684 BGB
Kommentar
1. Entgegen der Meinung des Landgerichts entschied das OLG im vorliegenden Fall folgenden Leitsatz:
Auch im Falle unberechtigter Geschäftsführung kann der Verwalter Ersatz von Aufwendungen verlangen, wenn diese zwar nicht "werterhöhend" waren, der Eigentümergemeinschaft aber später unausweichliche Aufwendungen erspart haben.
2. Eine Gemeinschaft hatte zu einem TOP "Reparatur bzw. Sanierung Dachrinne und Garagendach" mehrheitlich beschlossen, dass (nur) die Außenwand einer Garage neu verputzt werde, restliche Arbeiten ansonsten jedoch zurückzustellen seien.
3. Der Verwalter erteilte daraufhin jedoch den Auftrag, die Garagendächer insgesamt zu "sanieren"; er beglich selbst (aus eigenen Mitteln) die Dachdeckerrechnung in Höhe von DM 17.694,17 und forderte anschließend von den Garageneigentümern Erstattung dieses Betrages.
4. Richtig ist nach Meinung des Senats, dass die Erteilung dieses Auftrags nicht durch den vorausgegangenen Beschluss der Garageneigentümer gedeckt war; ausweislich des Protokolls war gerade keine Gesamtsanierung des Daches beschlossen, sondern nur eine Einzelreparatur (Verputzung einer bestimmten Garageneinheit) unter Zurückstellung der übrigen Arbeiten. Damit bestand auch keine Befugnis des Verwalters für einen solchen Gesamtsanierungsauftrag, zumal nicht von einer Notmaßnahme (Erhaltung des Dachs bzw. der Garagen, Gesamtgefährdung) auszugehen war. Der Verwalter hätte auch hinreichend Zeit und Gelegenheit gehabt, die Wohnungseigentümer über Feststellungen und das Angebot der Dachdeckerfirma zu unterrichten und einen (weiteren) Beschluss der Eigentümer darüber herbeizuführen, ob die empfohlene Gesamtsanierung durchgeführt werden sollte.
5. Jedoch auch im Falle unberechtigter Geschäftsführung besteht ein Ersatzanspruch des Verwalters nach § 684 S. 1 BGB auf Ersatz der Aufwendungen, die der Verwalter im Zuge der Gesamtsanierung des Garagendachs gemacht hat. Dem steht auch nicht entgegen, dass nach dem Gutachten eines Sachverständigen die Reparatur des Dachs nicht werterhöhend, sondern - nur - "werterhaltend" war. Auch eine lediglich werterhaltende Verwendung führt zu einer Bereicherung des Geschäftsherrn, wenn er dadurch Aufwendungen erspart hat, die er später selbst mit Sicherheit gehabt hätte; dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Damit können hier auch die Grundsätze zum Schutz eines Schuldners vor einer sonst aufgedrängtenBereicherung keine Anwendung finden. Es geht nicht darum, dass der Verwalter an sich nicht notwendige, aber objektiv den Verkehrswert der Garagen steigende Verwendungen gemacht hat, die sich nicht in höheren Erträgen niederschlagen, sondern darum, dass durch die Gesamtreparatur des Dachs eine immer weiter fortschreitende Wertminderung der Garagenanlage und damit auch eine schlechtere Vermietbarkeit und Ertragslage vermieden wurde. Da auch sämtliche Arbeiten ausgeführt wurden und sich die angesetzten Preise auch in angemessenem Rahmen hielten, musste der Erstattungsanspruch als begründet angesehen werden.
6. Auch außergerichtliche Kostenerstattung der unterlegenen Eigentümer bei Beschwerdegegenstandswert von DM 17.694,17.
Link zur Entscheidung
( OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.11.1995, 3 Wx 447/93= WM 3/96, 178)
Zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Auch wenn hier das auftragslose Verhalten des Verwalters durch den Senat der Dritten Instanz sanktioniert wurde (sicher hätte in diesem Fall genauso rechtlich überzeugend anders entschieden werden können), kann ich Verwalter nur dringend warnen, eigenmächtig an Beschlüssen vorbei Sanierungsaufträge zu erteilen und Rechnungen sogar noch aus "eigener Tasche" zu bezahlen.
Primäre Pflicht des Verwalters ist die Beschlussdurchführung (zwingende Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG). Ergeben sich im Zuge einer solchen Beschlussdurchführung aus fachtechnischer Sicht unerwartet Weiterungs- und Mehrungs-Notwendigkeiten und kann nicht eindeutig von einem Not- oder Eilfall-Handeln des in Vertretung handelnden Verwalters gesprochen werden, sollte i. d. R. stets Information und Organisation neuerlicher Beschlussfassung (Änderung der Geschäftsgrundlage) erfolgen. Auch Entscheidungen über Werterhöhung oder auch nur Werterhaltung, Vermietbarkeit und Ertragslage müssen grundsätzlich in der Kompetenz der Gemeinschaft verbleiben. Ansonsten könnte ein Gericht durchaus auch einmal sehr schnell von "aufgedrängter Bereicherung" sprechen. Hätte im vorliegenden Fall der Verwalter die Handwerkerrechnung nicht vorerst aus eigener Tasche bezahlt, sondern sie z.B. einer evtl. vorhandenen, ausreichenden Instandhaltungsrückstellung entnommen, wäre eine ähnliche Problematik zur Frage einer Verwalterentlastung oder gar evtl. schuldhafter, kausaler Schadenszuführung entstanden, auch wenn nach vorliegendem Sachverhalt wohl zu Recht zu mindest nicht von einem Schaden der Gemeinschaft hätte gesprochen werden müssen.