Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 21 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 6 WEG, § 4 WEG
Kommentar
Insbesondere mit Fragen des Rechtsschutzbedürfnisses für die Berichtigung einer Versammlungsniederschrift, der Zulässigkeit eines Ablaufprotokolls anstelle eines Ergebnisprotokolls und der Beweisfunktion derartiger Niederschriften hatte sich das BayObLG in einem Verfahren auseinander zu setzen, bei dem es u.a. zu folgenden Erkenntnissen kam:
1. Zunächst zu einigen verfahrensrechtlichen Fragen:
a) Ein Eigentümerwechsel während des Verfahrens ändert an der Beteiligtenstellung der bisherigen Wohnungseigentümer nichts (h.R.M.). Dass ein Teil der behaupteten Eigentümerwechsel bereits vor Beginn des Verfahrens stattgefunden habe, ließ sich dem Schriftsatz der Antragsteller nicht entnehmen. Das LG hatte daher keine hinreichende Veranlassung, insoweit weitere Nachforschungen anzustellen.
b) Die Vorschrift des § 44 Abs. 1 WEG (mündliche Verhandlung) gilt grundsätzlich auch für das Beschwerdeverfahren (h.R.M.). Im vorliegenden Verfahren durften die Vorinstanzen dennoch - da weitere Ermittlungen nicht erforderlich waren - bei der Geringfügigkeit der Sache und im Hinblick auf die mit einem Verhandlungstermin für die zahlreichen Beteiligten verbundenen unverhältnismäßigen Aufwendungen nach pflichtgemäßem Ermessen (- ausnahmsweise -) von einer Verhandlung absehen.
2. Zur Beschluss-Protokollierung:
c) Gesetz und die vorliegende Gemeinschaftsordnung schreiben die Erstellung eines Ergebnisprotokolls vor. Dabei handelt es sich aber nur um die Mindesterfordernisse eines Protokolls. Die Erstellung eines Ablaufprotokolls in Form der Wiedergabe der einer Beschlussfassung vorausgegangenen Anträge, Erklärungen und Ereignisse ist damit nicht untersagt.
d) Die Möglichkeit, die Berichtigung einer inhaltlich unrichtigen Versammlungsniederschrift im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG zu verlangen, hat der Senat wiederholt bejaht. Anspruchsgrundlage hierfür ist das Recht auf ordnungsgemäße Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) und auf Schutz des Persönlichkeitsrechts im Interesse eines geordneten Zusammenlebens der Eigentümergemeinschaft. Die Niederschrift über das Ergebnis einer Versammlung dient der Information über Inhalt und Zustandekommen von Beschlüssen und damit auch der Vorbereitung einer etwaigen Beschlussanfechtung. Ein Ablaufprotokoll soll keine sachlich nicht gebotenen Wertungen, Schärfen, Bloßstellungen und Diskriminierungen enthalten.
e) Als Privaturkunde begründet die unterschriebene Niederschrift anders als eine öffentliche Urkunde nicht den Beweis für ihren Inhalt und den bezeugten Vorgang, sondern nur den Beweis dafür, dass ihr Inhalt von den Unterzeichnern herrührt. Allerdings hat die Niederschrift über Eigentümerbeschlüsse im Hinblick auf deren Rechtswirksamkeit für und gegen Sondernachfolger ( § 10 Abs. 3 WEG) gleichwohl einen erheblichen Beweiswert.
f) Im vorliegenden Fall wurde zu Recht ein Rechtsschutzbedürfnis für die von der Antragstellerin begehrte Berichtigung des Protokolls verneint (keine Schärfen, kein diskriminierender Inhalt, keine Stimmungsmache). Der hier beanstandete Satz hat keine rechtliche oder die Antragstellerin sonst belastende Bedeutung. Es liegt im Interesse des Rechtsfriedens in einer Eigentümergemeinschaft, dass nicht wegen jeder Geringfügigkeit ein Protokollberichtigungsverfahren herbeigeführt werden kann.
g) Nach § 24 Abs. 6 S. 1 WEG und der vorliegenden Gemeinschaftsordnung ist nur ein Ergebnisprotokoll vorgeschrieben. Umfang und Gestaltung eines Ablaufprotokolls sind weitgehend Ermessenssache. Eine etwaige Haftung einer Verwaltung ergibt sich aus dem Gesetz und wird nicht durch bloße Meinungsäußerungen von Wohnungseigentümern und die Aufnahme der Erklärungen in ein Protokoll begründet.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 15.12.1982, BReg 2 Z 39/82)
Gruppe 7: Gerichtliches Verfahren