Leitsatz
Gegenstand des Verfahrens war die Frage, ob und inwieweit die Vermögensverhältnisse der Beteiligten bei der Festsetzung des Verfahrenswertes im Ehescheidungsverfahren zu berücksichtigen sind.
Sachverhalt
Der Antragsgegner im Ehescheidungsverfahren hatte sich mit der Beschwerde gegen den erstinstanzlich festgesetzten Verfahrenswert gewandt und seine Beschwerde u.a. damit begründet, das erstinstanzliche Gericht habe bei der Festsetzung des Verfahrenswertes einen zu hohen Wert für das Vermögen der Beteiligten in Ansatz gebracht.
Sein Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
Das OLG wies darauf hin, dass neben dem Einkommen der Beteiligten auch deren Vermögensverhältnisse für den Verfahrenswert von Bedeutung seien. Dies ergebe sich aus der eindeutigen Formulierung des § 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG. Der Auffassung des Antragsgegners, im Falle einer einverständlichen Scheidung blieben die Vermögensverhältnisse von vornherein außer Betracht, könne daher nicht gefolgt werden.
Es seien die Vermögenswerte nach Abzug von Freibeträgen und sodann mit bestimmten, wenn auch nicht starr festgelegten, Prozentsätzen für die Wertfestsetzung mit heranzuziehen.
Im vorliegenden Fall bestehe die Besonderheit, dass sich das Vermögen der Beteiligten aus Fremd- sowie eigen genutzten Immobilien und weiteren Vermögensgegenständen zusammensetze, ohne dass letztere abschließend ermittelt worden seien. Während Antragstellerin und Familiengericht das Vermögen mit einer Summe von 1.170.000,00 EUR in Ansatz gebracht hätten, gelange der Antragsgegner zu einem Betrag von lediglich 400.000,00 EUR.
Er berufe sich hierbei nicht nur pauschal auf abzuziehende Verbindlichkeiten, sondern im Wesentlichen darauf, der zu seinem Eigentum rechnende Supermarkt sei letztendlich ohne derzeitigen Verkehrswert. Insoweit habe sich die Antragstellerin auf eine gemeinsame Besprechung mit beiden Beteiligten berufen, wonach die Anschaffung dieses Supermarkts zu einem Betrag von 2.100.000,00 DM erfolgt sei. Unter Berücksichtigung der noch valutierenden Verbindlichkeiten habe sich der Wertansatz für den Supermarkt nach ihrer Auffassung zwischen 500.000,00 EUR und 900.000,00 EUR bewegt.
Lege man die genannte Untergrenze von 500.000,00 EUR zugrunde, so sei der "Reparaturstau", auf den sich der Antragsgegner in Höhe eines Aufwandes von 250.000,00 EUR berufe, ebenso berücksichtigt, wie weitere wertbeeinflussende Faktoren. Selbst wenn der Supermarkt derzeit nicht vermietet sei und weitere Lagenachteile aufweise, führe das entgegen des Vortrags des Antragsgegners nicht zu einem Verkehrswert von Null.
Das OLG ging insoweit von einem Verkehrswert von 500.000,00 EUR aus und kam nach Addition weiterer Vermögenswerte und nach Abzug von Freibeträgen für beide Beteiligte in Höhe von jeweils 60.000,00 EUR auf Vermögenswerte von 1.400.000,00 EUR.
Hiervon legte es für die Bemessung des Verfahrenswertes 5 %, somit 70.000,00 EUR, zugrunde. Zuzüglich des Verfahrenswertes für den Versorgungsausgleich i.H.v. 7.080,00 EUR ergab sich daher insgesamt ein Verfahrenswert von 92.380,00 EUR.
Die Heranziehung bestimmter Prozentsätze, etwa von 5 % oder von 10 %, passe nicht zur Beachtlichkeit aller Einzelumstände. Allerdings habe das Familiengericht insoweit mit einem Ansatz von 5 % einen Wert an der Untergrenze herangezogen, was für den Beschwerdeführer nicht nachteilig sei. Ob weitere Zu- oder Abschläge angezeigt seien, richte sich nach den Umständen des Einzelfalls. Zum Volumen der zwischen den Beteiligten stattgefundenen außergerichtlichen Verhandlungen hätten beide Verfahrensbevollmächtigte Aktennotizen und Vertragsentwürfe vorgelegt. Hieraus und nicht zuletzt aus dem Beschwerdegegenstand selbst ergebe sich ohne weiteres, dass dem Verfahren für die Beteiligten eine umfängliche Bedeutung auch in wirtschaftlicher Hinsicht zugekommen sei.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.04.2010, 18 WF 71/10