Leitsatz
Das erstinstanzliche Gericht hatte den Streitwert für die Ehescheidung mit 2.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen den Streitwertbeschluss wurde Beschwerde eingelegt, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG verwies zunächst darauf, dass sich die Rechtsprechung des BVerfG (Beschl. v. 23.8.2005 - 1 BvR 46/05, AnwBl. 2005, 651) - anders als häufig von Anwälten interpretiert - ausschließlich mit der Frage beschäftige, ob eine Streitwertfestsetzung für das Ehescheidungsverfahren mit dem Mindestbetrag von 2.000,00 EUR allein auf die Tatsache beiderseitiger Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe gestützt werden könne bzw. sogar eine höhere Streitwertfestsetzung ausgeschlossen sei. Die Festsetzung mit dem Mindeststreitwert nach § 48 Abs. 3 S. 2 GKG bleibe davon aber in denjenigen Fällen unberührt, in denen sich nach den Regeln des § 48 Abs. 3 S. 1 GKG ein höherer Streitwert nicht ergebe.
Im vorliegenden Fall sei eine höhere Festsetzung als die vom AG vorgenommene gerechtfertigt. Bei der Wertfestsetzung für ein Ehescheidungsverfahren sei gem. § 48 Abs. 3 S. 1 GKG von dem in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen der Eheleute auszugehen. Der Antragsteller habe ein Nettoeinkommen von knapp 1.000,00 EUR monatlich. Hiervon habe das AG grundsätzlich zutreffend im Hinblick auf die Unterhaltspflicht für drei Kinder Abzüge vorgenommen. Da das Einkommen des Antragstellers jedoch nicht ausreiche, den Regelunterhalt für die drei Kinder zu begleichen und auf der anderen Seite das Kindergeld dem Einkommen zu addieren wäre, sah das OLG von einem Abzug wegen der Unterhaltsverpflichtung und von einer Anrechnung des Kindergeldes ab und ging von einem Nettoeinkommen des Antragstellers von 1.000,00 EUR monatlich aus.
Aufseiten der Antragsgegnerin sei das von ihr bezogene Erziehungsgeld i.H.v. 300,00 EUR zu berücksichtigen. Zwar habe diese Leistung keine Lohnersatzfunktion und sei nach übereinstimmender Auffassung deswegen im Regelfall nicht als anrechenbares Einkommen bei der Bemessung von Unterhaltsansprüchen zu berücksichtigen (BGH v. 21.6.2006 - XII ZR 147/04, MDR 2006, 1231 = BGHReport 2006, 1241).
Bei der Bemessung des Streitwertes in Ehesachen sei das Erziehungsgeld jedoch zu berücksichtigen, da es sich nicht um eine Sozialleistung handele. Das Gesetz knüpfe hinsichtlich der Gebührenberechnung mit der Bezugnahme auf das Einkommen der Eheleute ersichtlich an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eheleute an. Zum "Nettoeinkommen" gehörten daher nur reine staatliche Sozialleistungen wie Sozialhilfe nicht, die Ausdruck fehlender eigener Mittel der Empfänger seien.
Im Hinblick auf das anrechenbare Nettoeinkommen der Parteien i.H.v. 1.300,00 EUR monatlich war der Streitwert für das Ehescheidungsverfahren nach Auffassung des OLG auf bis zu 4.000,00 EUR festzusetzen.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 16.10.2006, 13 WF 179/06