Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten sich um die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden nachehelichen Unterhalts. Ferner nahmen die gemeinsamen Kinder aus der geschiedenen Ehe ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch.
Der Ehemann war im Jahre 2004 eine zweite Ehe eingegangen. Er bezog regelmäßiges Einkommen aus seiner Tätigkeit im Gartenbau. Auf verbleibende Restschulden nach Veräußerung des Hausgrundstücks der geschiedenen Parteien leistete der Beklagte weiterhin 250,00 EUR monatlich. Außerdem zahlte er auf Schulden aus der Ehezeit monatlich 50,00 EUR an seine Mutter. Nachdem er vorübergehend die Zahlungen auf die Restschulden für das Hausgrundstück eingestellt hatte, haben die Kläger Abänderungsklage mit dem Ziel einer Anpassung ihres Unterhalts an die dadurch erhöhte Leistungsfähigkeit des Beklagten erhoben.
Der Beklagte hat seinerseits Abänderungswiderklage erhoben und ausgeführt, dass er zu Unterhaltszahlungen nicht mehr in der Lage sei. Er müsse sich nicht an seinem früheren Verdienst festhalten lassen, seitdem für Überstunden keine Vergütung mehr gezahlt werde. Die Zahlungen an die Gläubigerin seien nur vorübergehend ins Stocken geraten, da er vordringliche Ausgaben gehabt habe. Seine jetzige Ehefrau erziele kein eigenes Einkommen, der aus der Wiederverheiratung erzielte Splittingvorteil müsse unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleiben.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage der Kläger zu 1) bis 3) abgewiesen und auf die Widerklage das Urteil aus dem Monat November 2003 dahingehend abgeändert, dass der Beklagte ab 2005 den Klägern Unterhalt nicht mehr schuldet.
Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Ihr Rechtsmittel hatte teilweise Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hielt die Klage für unbegründet. Auf die Widerklage des Beklagten sei der in der Ausgangsentscheidung vom 4.11.2003 festgesetzte Unterhalt herabzusetzen. Er könne jedoch keinen völligen Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung erreichen.
Grundlage für die Bemessung des dem Grunde nach nicht streitigen Unterhaltsanspruchs der Kläger sei das von dem Beklagten in 2005 bezogene Einkommen. Die Kläger könnten sich nicht darauf berufen, der Beklagte müsse sich weiterhin an seinem früheren Verdienst festhalten lassen. Aufgrund der erneuten Eheschließung sei er berechtigt gewesen, seinen bisherigen Arbeitsplatz aufzugeben und sich eine zu der Ehewohnung günstiger gelegene Arbeitsstelle zu suchen. Eine Verletzung unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen liege hierin nicht. Der Beklagte habe seine vollschichtige Erwerbstätigkeit nahtlos zu fast gleichen Bedingungen fortgesetzt. Mehr könne von ihm nicht verlangt werden.
Bei der Errechnung seines unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens sei maßgeblich der Lohnsteuerabzug nach der Grundtabelle. Der ihm aufgrund der Eheschließung zustehende Splittingvorteil müsse bei der Bemessung der Unterhaltsansprüche der Kinder unberücksichtigt bleiben (BVerfG v. 7.10.2003 - 1 BvR 246/93, FamRZ 2003, 1821; v. 11.5.2005 - XII ZR 211/02, MDR 2006, 210 = BGHReport 2005, 1534 m. Anm. Borth = FamRZ 2005, 1817). Dies betreffe - wie auch das erstinstanzliche Gericht zu Recht festgestellt habe - nicht nur die Unterhaltsansprüche der Klägerin zu 1), sondern auch die der gemeinsamen Kinder.
Soweit der BGH hierzu die Auffassung vertreten habe, dass den Kindern aus einer früheren Ehe des Unterhaltspflichtigen der mit der Wiederheirat verbundene Steuervorteil zugute komme, weil im Verwandtenunterhalt grundsätzlich auf das tatsächlich vorhandene Einkommen und die reale Steuerbelastung abzustellen sei, könne dem nur insoweit gefolgt werden, wie auch der neue Ehegatte als gleichrangig Unterhaltsberechtigter neben den Kindern aus einer früheren Ehe zu berücksichtigen sei. Sei dies aufgrund eines aus § 1582 BGB folgenden Vorranges des früheren Ehegatten nicht der Fall, hätte die Einbeziehung des Splittingvorteils bei der Berechnung des Kindesunterhalts die unausweichliche Folge, dass eine steuerliche Entlastung in die Unterhaltsberechnung einfließe, ohne dass gleichzeitig die damit verbundene Belastung berücksichtigt würde. Insofern ergäbe sich ein Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung des BGH, das eine fiktive Steuerlast dann in Ansatz zu bringen sei, wenn sich tatsächliche Aufwendungen steuermindernd auswirken, die unterhaltsrechtlich nicht anzuerkennen sind.
Die bei Anwendung der Splittingtabelle geringere Steuerlast folge daraus, dass bei zusammen veranlagten Ehegatten das zu versteuernde Einkommen beiden Ehegatten zur Hälfte zugerechnet und die sich aus der Grundtabelle ergebende Einkommensteuer verdoppelt wird. Die steuerliche Entlastung sei folglich am höchsten, wenn nur einer der Ehegatten über versteuerbare Einkünfte verfüge und aus seinem Einkommen den Lebensunterhalt für den anderen Ehegatten aufbringen müsse.
Die steuerliche Entlastung folge allerdings nur zu einem geringen Teil aus der abgemilderten Progressionswirkung. Der Entlastungseffekt beruhe vor allem auf d...