Leitsatz
Wird einem der Ehegatten im Wege vorweggenommener Erbfolge Grundbesitz zugewandt und übernimmt der Bedachte die Verpflichtung zur Leistung einer Leibrente, ergibt sich im Zugewinnausgleich die Problematik, inwieweit sich diese Leistungspflicht auf den Wert der Zuwendung auswirkt. Dies gilt vor allem für die Bewertung im Anfangsvermögen bei einem nach § 1374 Abs. 2 BGB privilegierten Erwerb. Eine Auswirkung kann jedoch auch im Endvermögen noch vorhanden sein, wenn die Verpflichtung zur Leistung einer Leibrente fortbesteht.
Sachverhalt
Die Parteien stritten über den Zugewinnausgleich. Ihre am 22.07.1987 geschlossene Ehe wurde durch Verbundurteil des Amtsgerichts vom 24.11.1999 geschieden. Die Folgesache Zugewinnausgleich wurde abgetrennt. Zuvor war durch Urteil des Amtsgerichts auf vorzeitigen Ausgleich des Zugewinns erkannt worden. Die Parteien hatten ab 1988 in einem dem Vater des Ehemannes gehörenden Haus drei Räume als Wohnung ausgebaut. An dieser von den Parteien bewohnten Wohnung begründete der Vater des Ehemannes im Jahre 1992 Wohnungseigentum, das er sogleich auf seinen Sohn übertrug, der sich verpflichtete, eine monatliche Leibrente von ca. 150,00 EUR zu zahlen. In der Folgezeit erweiterten die Parteien die Wohnung. In der ersten Bauphase investierten sie einen Betrag von ca. 90.000,00 EUR, der aus dem Anfangsvermögen der Ehefrau sowie einer von ihr angetretenen Erbschaft stammten. Die Ehefrau begehrt Zahlung von Zugewinnausgleich sowie einen Ausgleich unter dem Gesichtspunkt der unbenannten Zuwendung. Der Ehemann hatte ihr vorab einen Betrag von 9.000,00 EUR als "Abschlag auf den Zugewinn" überwiesen.
Das OLG hat den Wert der Wohnung im Anfangsvermögen des Ehemannes insoweit berücksichtigt, als es den Bauzustand vor dem Umbau, als Stichtag für die Wertermittlung aber den Zeitpunkt der Übertragung des Wohnungseigentums zugrundegelegt hat. Die zu zahlende Leibrente ließ es bei der Wertermittlung unberücksichtigt. Einen Anspruch auf Ausgleich einer "unbenannten Zuwendung" hat das OLG verneint.
Die Revision wurde zugelassen. Das Rechtsmittel der Ehefrau hatte Erfolg und führte zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.
Entscheidung
Der BGH hat sich der Auffassung des OLG insoweit angeschlossen, als für die Bewertung des Wohnungseigentums der Bauzustand vor Beginn der Umbaumaßnahmen zugrunde zu legen ist. Die Bewertung sei jedoch auf der Basis nach den für den Zeitpunkt der Übertragung des Wohnungseigentums im Jahre 1992 geltenden Wertmaßstäben durchzuführen. Die mit den Baumaßnahmen verbundene Wertsteigerung sei zwar dem Vater des Ehemannes als Grundstückseigentümer zugeflossen. Werde die Wertsteigerung jedoch in Erwartung einer späteren Übertragung des Grundbesitzes vorgenommen, verbinde sich hiermit eine bereicherungsrechtlich geschützte Zweckabrede. Der Übertragung des Wohnungseigentums liege nur eine teilweise entgeltlicher Vertrag zugrunde. Im Umfang der durch die Baumaßnahmen bewirkten Wertsteigerung erfolge die Zuwendung nicht unentgeltlich. Durch die fiktive Bewertung des ursprünglichen Bauzustandes zum Zeitpunkt der Übertragung werde erreicht, dass die auf den Leistungen der Eheleute beruhende Wertsteigerung bei der Ermittlung des Anfangsvermögens unberücksichtigt bleibt.
Kernpunkt der Entscheidung sind die Auswirkungen des Leibrentenversprechens des Ehemannes für die Bewertung der erfolgten Zuwendung. Insoweit hat der BGH eine von der Auffassung des OLG abweichende Ansicht vertreten, wonach die von dem Ehemann übernommene Leibrentenverpflichtung aufgrund der damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen den Wert der Zuwendung mindert. Die Leibrente müsse kapitalisiert und vom Anfangsvermögen abgezogen werden. Gelte die Verpflichtung bis zum Zeitpunkt der Ehescheidung fort, gelte dies auch für das Endvermögen des Ehemannes. Insoweit sei die Situation nicht mit der Belastung durch einen Nießbrauch oder einem als persönliche Dienstbarkeit zu vergleichen. Einen Anspruch auf Ausgleich einer "ehebezogenen Zuwendung" verneinte der BGH mit der Begründung, das Gesetz stelle mit dem Zugewinnausgleich ein System zur Verfügung, dem Vorrang vor anderen Ausgleichsansprüchen zukomme. Ansprüche auf Ausgleich einer "ehebezogenen Zuwendung" kämen nur dann in Betracht, wenn nur hierdurch eine Korrektur anderenfalls schlechthin unangemessener Ergebnisse vorgenommen werden könne.
Hinweis
Die Berücksichtigung von Belastungen aus dem privilegierten Erwerb eines Ehegatten im Rahmen des Zugewinnausgleichs war in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand obergerichtlicher und höchstrichterlicher Entscheidungen. Mit seiner Entscheidung hat der BGH sich von vorangegangenen Entscheidungen abgegrenzt und einen Lösungsweg vorgegeben. Zwei zentrale Punkt der Entscheidung werden zukünftig in der Praxis zu berücksichtigen sein:
- Lebenslange Belastungen, die aus dem übertragenen Gegenstand erbracht und geleistet werden, sind bei der Ermittlung der Werte des Anfangs- und Endvermögen...