Leitsatz
Die Parteien stritten sich um die Abänderung eines Urteils über nachehelichen Ehegattenunterhalt. Nach ihrer Eheschließung am 5.4.1991 lebten sie lediglich wenige Tage zusammen und trennten sich sodann.
Sachverhalt
Die Parteien hatten am 5.4.1991 geheiratet. Die Ehewohnung war seinerzeit noch nicht fertiggestellt. Die Ehefrau wohnte daher mit ihrem vorehelich geborenen und nicht vom Kläger abstammenden Kind zunächst noch bei ihren Eltern. Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter am 18.7.1991 bezogen die Parteien etwa um den 24.7.1991 die Ehewohnung. Bereits wenige Tage später - am 28.7.1991 - trennten sie sich.
Durch Urteil des OLG München vom 17.1.1995 wurde der Ehemann verurteilt, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt in Höhe von 572,00 DM monatlich zu zahlen. Dabei legte das Gericht bei ihm ein unterhaltsrelevantes Einkommen in Höhe von 2.172,00 DM und einen an die gemeinsame Tochter zu zahlenden Kindesunterhalt i.H.v. 300,00 DM zugrunde. Von dem verbleibenden Betrag von 1.872,00 DM setzte es den notwendigen Selbstbehalt i.H.v. 1.300,00 DM ab und gelangte so zu einer Leistungsfähigkeit i.H.v. 572,00 DM. Eine weitere Herabsetzung des Unterhalts wegen nur kurzer Ehedauer lehnte das Gericht im Hinblick auf die Interessen des gemeinsamen minderjährigen Kindes ab.
Der Ehemann erhob Abänderungsklage mit dem Ziel des vollständigen Wegfalls seiner Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt ab Rechtshängigkeit. Zur Begründung führte er an, die Ehefrau sei zur Aufnahme einer Teilzeitbeschäftigung verpflichtet und könne mit den Einkünften hieraus ihren Unterhaltsbedarf in vollem Umfang abdecken. Das erstinstanzliche Gericht hat der Klage weitgehend stattgegeben und die Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichen Unterhalt auf einen monatlichen Betrag i.H.v. 53,00 EUR herabgesetzt.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat die Ehefrau Berufung eingelegt. Das OLG hat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und eine Reduzierung der Unterhaltspflicht des Ehemannes auf 277,00 EUR vorgenommen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die zugelassene Revision des Ehemannes, mit der er eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrt mit der Begründung, die für die Ehefrau angenommenen erzielbaren fiktiven Einkünfte hätten die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt und seien daher nur im Wege der Anrechnungsmethode zu berücksichtigen.
Das Rechtsmittel war ohne Erfolg.
Entscheidung
Der BGH teilt die Auffassung des OLG, wonach der Ehemann trotz der kurzen Ehedauer nachehelichen Ehegattenunterhalt schuldet. Der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB knüpft lediglich an die Betreuung eines gemeinsamen Kindes durch den geschiedenen Ehegatten an und setzt deswegen - ebenso wie der Anspruch auf Trennungsunterhalt - nicht voraus, dass die Ehegatten eine eheliche Lebensgemeinschaft aufgenommen haben (vgl. BGH, Urt. v. 9.7.1980 - IVb ZR 526/80, FamRZ 1980, 876 ff.; BGH v. 17.3.1982 - IVb ZR 664/80, MDR 1982, 737 = FamRZ 1982, 573 ff.).
Dem Argument des Ehemannes, die Betreuungsleistungen der Ehefrau für das gemeinsame Kind seien schon durch den Kindesunterhalt abgegolten, folgt der BGH nicht. Der Barunterhalt für das gemeinsame minderjährige Kind sichert lediglich dessen finanziellen Unterhaltsbedarf. Der Unterhaltsanspruch nach § 1570 BGB ermöglicht der Ehefrau erst die von ihr übernommene Betreuungsleistung und ist deswegen nicht durch den Barunterhalt für das Kind abgegolten.
Der BGH folgt der Auffassung des OLG auch insoweit, als für die Ehefrau eine Obliegenheit zur Aufnahme einer Halbtagsbeschäftigung besteht, da die gemeinsame Tochter schon zum September 2000 in die dritte Grundschulklasse versetzt worden ist und ein besonderer Betreuungsbedarf des Kindes nicht ersichtlich ist. Intensive Bemühungen um Aufnahme einer Halbtagstätigkeit sind von der Ehefrau nicht vorgetragen worden, so dass auf der Grundlage ihrer früheren beruflichen Tätigkeit und ihrer persönlichen Umstände von einer realen Beschäftigungsmöglichkeit auszugehen war mit der Folge der Zurechnung fiktiver Einkünfte.
Die der Ehefrau fiktiv zuzurechnenden Einkünfte sind als bedarfsprägendes Einkommen zu behandeln. Die ehelichen Lebensverhältnisse umfassen alles, was während der Ehe für den Lebenszuschnitt der Ehegatten und nicht nur vorübergehend tatsächlich von Bedeutung ist, somit auch den durch die häusliche Mitarbeit und die Kindesbetreuung des nicht erwerbstätigen Ehegatten erreichten sozialen Standard (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 148, 105 ff. = MDR 2001, 991 = BGHReport 2001, 549).
Die Teilhabequote orientiert sich an der Gleichwertigkeit der beiderseits erbrachten Leistungen. Eine nach Scheidung auch von dem bislang nicht erwerbstätigen Ehegatten aufgenommene Erwerbstätigkeit kann als Surrogat für seine bisherige Familienarbeit angesehen werden, deren Wert sich in dem daraus erzielten oder erzielbaren Einkommen widerspiegelt und nach der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen ist (BGH v. 13.6.2001 - XII ZR 343/99, BGHZ 1...