Leitsatz
Der BGH hat sich in diesem Urteil mit der Frage auseinandergesetzt, ob im Fall einer Scheidung Schenkungen unter Ehegatten vom Tatbestand des § 1374 Abs. 2 BGB als Form des privilegierten Erwerbs erfasst sind.
Sachverhalt
Die Parteien stritten beim Zugewinnausgleich u.a. über die Berücksichtigung eines im Jahre 1998 von dem Kläger an die Beklagte übertragenen Hausgrundstücks. Kurz nach der Eheschließung hatte der 76-jährige Ehemann seiner Ehefrau das Hausgrundstück im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zukommen lassen. Dabei hatte er sich ein Wohnrecht mit einer Pflegeverpflichtung vorbehalten. Ferner mussten im Todesfall an seine Kinder aus erster Ehe insgesamt 250.000,00 DM gezahlt werden. Darüber hinaus erfolgte die Übertragung ohne Entgelt.
Im Jahr 2005 wurde die Ehe geschieden. Mangels Zugewinn des Ehemannes war die Ehefrau ausgleichspflichtig. Bei ihr wurde das Grundstück im Endvermögen unter Abzug des unentgeltlichen Wohnrechts sowie der Pflegeleistungen berücksichtigt. Diese Verpflichtung wurde durch das OLG auf den Übertragungszeitpunkt 1998 und nicht den Endvermögensstichtag abgezinst. Im Anfangsvermögen ist die Zuwendung des Klägers an die Beklagte nicht berücksichtigt worden.
Mit der zugelassenen Revision begehrte die Beklagte erfolglos Klageabweisung mit der Begründung, die Zuwendung des Klägers an sie sei als privilegiertes Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB zu berücksichtigen.
Entscheidung
Der BGH hielt die Revision für unbegründet und bestätigte das Urteil der Vorinstanz.
Er verwies zunächst auf seine bisherige Rechtsprechung, wonach Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen erbringe, nicht von § 1374 Abs. 2 BGB erfasst seien, und zwar unabhängig davon, ob es sich dabei um Schenkungen oder unbenannte Zuwendungen handele (vgl. auch BGH BGHZ 101, 65, 69 ff. = FamRZ 1987, 791 mit ausführlicher Würdigung des Streitstandes; v. 10.7.1991 - XII ZR 114/89, FamRZ 1991, 1169, 1171).
Die in § 1374 Abs. 2 BGB normierten Ausnahmen vom schematischen Prinzip des Ausgleichs aller in der Ehe erzielten Vermögenszuwächse seien dadurch gekennzeichnet, dass der Ehegatte des Erwerbers eines Vermögensgegenstandes zu dessen "privilegiertem" Erwerb nicht beigetragen habe und er deshalb an diesem Erwerb auch nicht über den Zugewinnausgleich partizipieren solle. Dieser Gedanke treffe auf Zuwendungen, die ein Ehegatte dem anderen erbringe, jedoch nicht zu. Der Gegenstand solcher Zuwendungen stamme - im Gegenteil - gerade aus dem Vermögen des anderen Ehegatten (Johannsen/Henrich/Jaeger, Familienrecht, 5. Aufl., § 1374 BGB Rz. 31). Würden diese Zuwendungen über den Zugewinn nicht ausgeglichen, bestünde ansonsten die Gefahr, dass oftmals außerhalb des Güterrechts über das Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage eine Abwicklung erfolgen müsse.
Auch auf Verfügungen, die einen künftigen erbrechtlichen Erwerb antizipierten, seien diese Gedanken übertragbar.
Der Vermögensgegenstand stamme aus dem Vermögen des anderen Ehegatten. Der Zuwender habe zu dessen Erwerb nicht nur beigetragen, sondern ihn überhaupt erst bewirkt. Würde über den Zugewinn der Vermögenserwerb neutralisiert, müsste in vielen Fällen ebenfalls die Rechtsfigur des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für ein anderweitiges Ergebnis herangezogen werden. Soweit der früheren Entscheidung des BGH in BGHZ 101, 65 ff. (FamRZ 1987, 791 ff.) entnommen werden könnte, dass ein Vermögenserwerb mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht - anders als eine Schenkung - auch dann dem § 1374 Abs. 2 BGB unterfalle, wenn dieser Vermögenserwerb auf einer Zuwendung unter Ehegatten beruhe, hielt der BGH an der dort vertretenen Rechtsauffassung nicht fest.
Im Übrigen vertrat der BGH die Auffassung, es bedürfe keiner Entscheidung, ob das OLG die im Übergabevertrag übernommenen Verpflichtungen der Beklagten zur Versorgung und Pflege des Klägers zu Ausgleichszahlungen an dessen Sohn und Enkelkinder sowie zur Übernahme der Bestattungs- und Grabpflegekosten mit Recht im Endvermögen der Beklagten als Passiva in Abzug zu bringen seien. Ein entsprechender Abzug sei jedenfalls nur dann gerechtfertigt, wenn diese Verpflichtungen auch nach der Scheidung der Parteien unverändert fortbeständen. Ebenso konnte nach Auffassung des BGH offen bleiben, ob das OLG diese Verpflichtungen zutreffend auf den Zeitpunkt des Übergabevertrages und nicht auf den Zeitpunkt der Beendigung des Güterstandes abgezinst habe. Auch wenn man beide Fragen verneine, führe dies - über eine Verminderung der Passiva - zu einer Erhöhung des Endvermögens der Beklagten und damit des dem Kläger "an sich" zustehenden Anspruchs auf Zugewinnausgleich. Eine Besserstellung der Beklagten und Revisionsklägerin ergebe sich daraus nicht.
Hinweis
Der BGH hat durch diese Entscheidung klargestellt, dass Zuwendungen der Ehegatten untereinander - sei es als Schenkung, unbenannte Zuwendung oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge - weiterhin nicht dem Privilegierungstatbestand des § 1374 Abs. 2 BGB unterliegen.
Bis auf wenige Ausnahmen ...