2.2.1 Vollzeitausbildung
Wie bereits im Beitrag "Berufsausbildung: (Rechtliche) Grundlagen" erwähnt, richtet sich die Dauer eines Vollzeitausbildungsverhältnisses nach der für jeden Beruf erlassenen Ausbildungsordnung. Hieran muss sich der Vertrag orientieren, da ansonsten eine Eintragung in das Verzeichnis nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG abgelehnt werden muss. Soweit die Ausbildungsordnung gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 4 BBiG vorsieht, dass eine frühere abgeschlossene Ausbildung anzurechnen ist, ist der entsprechend frühere Zeitpunkt maßgebend.
Verkürzung
Neben diesem Ausnahmefall kann die in der Ausbildungsordnung festgelegte Dauer nach § 8 Abs. 1 BBiG verkürzt werden, wenn zu erwarten ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Dauer erreicht werden kann. Gründe hierfür können nicht nur sein, dass im selben Ausbildungsberuf schon einmal ein Teil der Berufsausbildung absolviert wurde, vielmehr können hier auch berufliche Fertigkeiten oder eine Ausbildung in einem ähnlichen Ausbildungsberuf Berücksichtigung finden.
Verkürzte Ausbildung
Eine gelernte Versicherungskauffrau wird auf das erlernte Wissen bei einer angestrebten Berufsausbildung zur Bankkauffrau in vielen Bereichen zurückgreifen können.
§ 8 Abs. 1 BBiG setzt hierbei einen gemeinsamen Antrag der Vertragspartner an die zuständige Stelle voraus. Es ist unerheblich, wann dieser gestellt wird. Meist wird dies bereits vor Beginn des Ausbildungsverhältnisses der Fall sein. Man kann aber auch abwarten, ob sich im Laufe der Ausbildung tatsächlich die Erwartung ergibt, dass das Ausbildungsziel auch in verkürzter Zeit erreicht werden kann. Wird eine Verkürzung nach entsprechender Genehmigung durch die zuständige Stelle nachträglich vereinbart, ist die Vertragsniederschrift nach § 11 Abs. 4 i. V. m. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BBiG zu ändern.
Verlängerung
§ 8 Abs. 2 Satz 1 BBiG lässt "in Ausnahmefällen" auch zu, dass die zuständige Stelle auf Antrag des Auszubildenden die Ausbildung verlängert. In einem solchen Fall wird durch die stattgebende Entscheidung unmittelbar der Ausbildungsvertrag geändert. Der Ausbildende kann die Verlängerung nicht verhindern, er wird nur angehört. In Rechtsprechung und Literatur besteht gleichwohl Einigkeit, dass es um echte Ausnahmefälle gehen muss. Genannt werden etwa:
- Krankheitsbedingte Fehlzeiten, die das Erreichen des Ausbildungsziels gefährden
- Pandemiebedingter Ausfall der Berufsschule, der durch Online-Veranstaltungen nicht kompensiert werden kann
Stets kommt es auch auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gegenüber dem Ausbildenden an. Insofern ist diese Vorschrift nicht zu extensiv auszulegen, zumal eine Verlängerung eines Ausbildungsverhältnisses bedeuten kann, dass in dem konkreten Betrieb für die nächste Alterskohorte ein Ausbildungsplatz weniger zur Verfügung steht.
2.2.2 Teilzeitausbildung
§ 7a Abs. 1 Satz 1 BBiG lässt seit 2020 eine Teilzeitausbildung zu, ohne dass diese an weitere Voraussetzungen geknüpft wäre. Früher war für eine Teilzeitausbildung gemäß § 8 Abs. 1. Satz 2 BBiG a. F. ein berechtigtes Interesse des Auszubildenden erforderlich. Anders als beispielsweise in § 8 TzBfG besteht vonseiten des Auszubildenden jedoch kein einklagbarer Anspruch auf Durchführung der Ausbildung in Teilzeit.
Auch wenn eine gewisse Flexibilisierung bei der Organisation der Berufsausbildung natürlich zeitgemäß ist, fehlt es an einer konsequenten Umsetzung. Denn gerade diejenigen Bevölkerungsgruppen, die möglicherweise auf eine Teilzeitausbildung angewiesen sind, wie etwa sehr junge Eltern, werden die Möglichkeit vermissen, auch die Berufsschule in Teilzeit besuchen zu können.
Bei der Vereinbarung einer Teilzeitausbildung sind die Vertragspartner frei, ob sie eine tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit in Teilzeit (also etwa "Montag bis Freitag von 8–12 Uhr" oder "20 Stunden pro Woche") vereinbaren, wobei der Teilzeitfaktor nicht unter 50 % liegen darf.
Die Dauer der Ausbildung verlängert sich infolge der Teilzeitvereinbarung entsprechend, allerdings höchstens bis zum 1,5-Fachen der normalen Dauer.
Ausbildung in Teilzeit
Die Ausbildung zum Bankkaufmann dauert 3 Jahre. Will ein Auszubildender mit Zustimmung der Ausbildenden die Ausbildung in Teilzeit (3/4 der regelmäßigen Arbeitszeit) durchführen, so verlängert sich die Dauer der Ausbildung auf 4 Jahre (3 Jahre multipliziert mit 4/3).
Bei einer Teilzeitausbildung mit 50 % ergäbe sich rein rechnerisch eine Ausbildungszeit von 6 Jahren, gemäß § 7a Abs. 2 Satz 1 BBiG gilt dann allerdings die Höchstgrenze von 4,5 Jahren.
Da das Ende der Teilzeitausbildung durch die gesetzliche Berechnung irgendwann zwischen den angebotenen Prüfungsterminen liegen kann, sieht § 7a Abs. 3 BBiG vor, dass der Auszubildende die Ausbildung bis zur nächsten Abschlussprüfung verlängern kann. Wird die entsprechende Prüfung also nur einmal im Jahr angeboten, könnte der Auszubildende im obigen Beispiel (...