Leitsatz
Die Parteien hatten im Jahre 2000 die Ehe geschlossen. Am 5.12.2005 wurde ein gemeinsames Kind geboren. Seit Ende April 2005 lebten sie voneinander getrennt. Am 15.3.2004 schlossen sie in einem notariell beurkundeten Ehevertrag den Versorgungsausgleich aus.
Die Ehefrau kündigte mit Schriftsatz vom 30.6.2005 an, einen Ehescheidungsantrag stellen zu wollen. Eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres sei zulässig, da die Fortsetzung der Ehe für sie eine unzumutbare Härte darstelle.
Ferner begehrte sie die Übertragung der elterlichen Sorge für das gemeinsame Kind.
In der mündlichen Verhandlung stellte die Antragstellerin den angekündigten Ehescheidungsantrag nicht und beantragte, ihr für den Fall der rechtskräftigen Scheidung das Sorgerecht für das gemeinsame Kind zu übertragen. Der Antragsgegner beantragte Scheidung der Ehe sowie ferner, den Antrag auf Übertragung der Alleinsorge zurückzuweisen.
Das erstinstanzliche Gericht hat den Antrag des Ehemannes, die Ehe zu scheiden, abgewiesen. Ein Härtegrund liege nicht vor. Die unzumutbare Härte müsse sich auf die Fortsetzung der Ehe beziehen, wobei die Umstände, auf welche die Unzumutbarkeit gestützt werde, gerade in der Person des anderen Ehegatten vorliegen müssten.
Über die Folgesache elterliche Sorge sei gem. § 629 Abs. 3 ZPO wegen der Abweisung des Scheidungsantrages nicht zu entscheiden.
Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Antragsgegner Berufung eingelegt. Er begehrte die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung des Verfahrens an das erstinstanzliche Gericht. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Scheidungsvoraussetzungen der §§ 1565, 1566 nunmehr vorlägen, da die Parteien unstreitig seit April 2005 voneinander getrennt lebten.
Die Berufung des Antragsgegners führte zur Aufhebung des Urteils und zu einer Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat die Auffassung, die Voraussetzungen für die Ehescheidung i.S.d. §§ 1565 Abs. 1, 1566 Abs. 1 BGB lägen vor, da das Trennungsjahr abgelaufen sei. Die Anhörung der Parteien gem. § 613 ZPO habe ergeben, dass beide Ehegatten eine Fortführung der Ehe nicht wünschten.
Aufgrund dessen könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für eine Härtescheidung - wie vom erstinstanzlichen Gericht verneint - vorgelegen hätten.
Trotz Vorliegens der Voraussetzungen für die Ehescheidung sei es dem Berufungsgericht allerdings versagt, diese auszusprechen, da die Folgesachen Versorgungsausgleich und elterliche Sorge noch bei dem erstinstanzlichen Gericht zur Entscheidung anständen. Ein Antrag der Ehefrau über die Folgesache Ehegattenunterhalt sei noch nicht zugestellt.
Bei Einlegung eines Rechtsmittels gegen den Antrag auf das die Ehescheidung abweisende erstinstanzliche Urteil sei - bei Anhängigkeit von Folgesachen - die Regelung des § 629b Abs. 1 S. 1 ZPO zu beachten. Danach könne das Berufungsgericht entweder die Berufung zurückweisen, weil dem Ehescheidungsantrag nicht stattgegeben werden könne oder die erstinstanzliche Entscheidung aufheben und das Verfahren zur Fortführung an das AG zurückverweisen, wenn im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung dem Scheidungsantrag stattzugeben wäre. Der Gegenstand des Berufungsverfahrens sei damit allein die Frage, ob die Ehe zu scheiden ist; mit Folgesachen sei das Berufungsgericht nicht befasst und könne daher dazu keine Feststellungen treffen oder das erstinstanzliche Gericht dadurch auch nicht binden (BGH v. 4.12.1996 -XII ZR 231/95, MDR 1997, 361 = NJW 1997, 1007 [1008]; OLG Brandenburg v. 23.1.2002 - 9 UF 87/02, FamRZ 2003, 1192 [1193]; OLG Dresden v. 17.1.2003 - 10 UF 789/02, OLGReport Dresden 2003, 472 = FamRZ 2003, 1193 [1194]; OLG Hamm v. 24.1.1996 - 8 UF 288/95, OLGReport Hamm 1996, 71 = FamRZ 1996, 1078).
Dies folge aus der Regelung des § 629b Abs. 1 ZPO und gelte auch in Fällen, in denen erst aufgrund des Hinzutretens weiterer, nach Erlass der angefochtenen Entscheidung entstandener Umstände der Scheidungsantrag begründet werde. In derartigen Fällen könne das Berufungsgericht nicht selbst die Ehescheidung aussprechen, sondern müsse vielmehr zur Gewährleistung des Scheidungsverbundes die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückweisen, bei dem die Folgesachen anhängig sind.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Urteil vom 30.06.2006, 4 UF 13/06