Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 23 WEG, § 24 Abs. 1 WEG
Kommentar
1. Wird eine Eigentümerversammlung von einer Person einberufen, die noch nicht Verwalter ist, in der Versammlung aber zum Verwalter bestellt werden soll und hier auch bestellt wurde, und sind in der Versammlung nahezu alle Eigentümer erschienen oder vertreten, ohne einen entsprechenden Einberufungsmangel geltend zu machen, dann sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse jedenfalls nicht nichtig.
2. Ob die Einberufung einer Versammlung durch eine nach Gesetz oder Gemeinschaftsordnung hierzu nicht berufene Person die Nichtigkeit oder nur die Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse zur Folge hat, wird in der Literatur nicht ganz einheitlich beantwortet; die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung (auch des Senats) geht von bloßer Anfechtbarkeit aus. In seiner Entscheidung vom 10. 2. 1994 (WM 94, 227) hat der Senat allerdings die Frage offen gelassen. Auch vorliegend musste nicht abschließend entschieden werden, ob und unter welchen Voraussetzungen evtl. eine Nichtigkeit in Betracht kommen kann. Jedenfalls bestand in dieser Streitsache keine Veranlassung, von Nichtigkeit auszugehen, da die Versammlung vom späteren Verwalter einberufen wurde, nahezu alle Eigentümer anwesend oder vertreten waren und keine Einwendungen vorgebracht hatten. Bei dieser Sachlage erschien es nicht gerechtfertigt, sämtliche Eigentümerbeschlüsse als nichtig anzusehen.
3. Der Verwalter konnte deshalb auch in vereinbarter Verfahrensstandschaft Wohngeldrückstände geltend machen; auch bei Sonderumlage-Beitragszahlungen handelt es sich um Wohngeldforderungen. Insoweit bestand auch keine Aufrechnungslage des Wohngeldschuldners.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung bei Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren von DM 19.812 (Beitragsschulden).
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 28.09.1998, 2Z BR 123/98)
zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung
Anmerkung:
Diverse gesetzliche Formbestimmungen zur Einberufung, zum Vorsitz, zu Abstimmungsmodalitäten und zum Protokoll der Eigentümerversammlung (insbesondere in § 24 WEG) werden von der herrschenden Rechtsmeinung als abdingbar bezeichnet, m.E. allerdings nicht das grundsätzliche (ausnahmsweise) Forderungs-Recht zur Einberufung einer Versammlung durch ein bestimmtes Eigentümerquorum und die Pflicht zur Erstellung zumindest eines Beschlussprotokolles (vgl. § 24 Abs. 2 und Abs. 6 WEG); nur insoweit gehe ich dem Grundsatz nach von zwingendem Recht aus. Wird also eine Versammlung nicht vom amtierenden Verwalter gem. § 24 Abs. 1 WEG einberufen, sondern von einer nicht oder noch nicht legitimierten Person, müsste m.E. ganz generell allenfalls von Anfechtbarkeit der Beschlüsse in einer solchen fehlerhaft einberufenen Versammlung ausgegangen werden, nicht von einer anfänglichen Beschlussnichtigkeit. Hier kann m.E. auch kein Unterschied gemacht werden, wer (als Nichtlegitimierter) nun eine solche Eigentümerversammlung eingeladen hat. Entscheidend ist allein, dass alle stimmberechtigten und beschlusskompetenten Eigentümer eingeladen wurden; andernfalls könnte man gar nicht von einer Eigentümerversammlung mit entsprechender Beschlusskompetenz nach WEG sprechen (dann wäre von "Nichtbeschlüssen" auszugehen). Im Falle einer Anfechtung allein aufgrund eines Einberufungsfehlers (fehlende Einladungs-Legitimation) wäre überdies auf Kausalitätserwägungen abzustellen. Zu Recht hat deshalb der Senat im vorliegenden Fall Beschlussnichtigkeiten verneint, wenn eine Eigentümerversammlung von einem (noch) nicht legitimierten Verwalter einberufen wurde.