§ 23 Abs. 1 Satz 1 WEG

Sachverhalt

Der Verwalter initiiert einen Beschluss außerhalb der Versammlung. Es geht um Holzschutzarbeiten. Der Verwalter bittet die Wohnungseigentümer, über den entsprechenden Beschlussantrag bis zum 29.7.2019 abzustimmen. Mit Schreiben vom 7.8.2019 teilt er den Wohnungseigentümern mit, es hätten sich nicht alle Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt. Damit sei die Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung nicht allstimmig akzeptiert worden. Der Beschlussantrag sei daher "abgelehnt" worden. Gegen diese Formulierung geht ein Wohnungseigentümer im Wege der Anfechtungsklage vor. Der Beschluss sei fehlerhaft als "abgelehnt" verkündet worden und daher anfechtbar. Hilfsweise könne er jedenfalls die Feststellung verlangen, dass es sich um einen bloßen Nichtbeschluss handele: Es sei unsicher, ob der Beschluss auch Rechtswirkungen entfalte.

2.1 Die Entscheidung

Das AG hält die Anfechtungsklage für unzulässig. Die Eigentümer hätten keinen "Beschluss" im Sinne des Wohnungseigentumsgesetzes gefasst, der angefochten werden könne. Trotz der Verkündung sei kein Beschluss gefasst worden. Die Verkündung eines Beschlusses sei nicht die einzige Entstehens- bzw. Wirksamkeitsvoraussetzung eines im schriftlichen Umlaufverfahren gefassten Beschlusses. K könne aber gemäß seinem Hilfsantrag die Feststellung verlangen, es sei kein Umlaufbeschluss gefasst worden. Das rechtliche Interesse an der Feststellung ergebe sich daraus, dass durch das Schreiben des Verwalters der (Rechts-)Schein einer (negativen) Beschlussfassung erzeugt worden sei. Selbst die Beklagten hätten in ihrer Klageerwiderung die Auffassung vertreten, dass es sich um einen "Negativbeschluss" handele. Es habe also unterschiedliche Auffassungen der Wohnungseigentümer über die Gültigkeit dieses Beschlusses gegeben. Im Übrigen komme noch hinzu, dass nicht nur der Kläger, sondern die Mehrheit der Wohnungseigentümer – was unstreitig sei – daran interessiert seien, dass die Ausführung der Holzschutzarbeiten nicht per Beschluss "abgelehnt" worden sei.

Hinweis

  1. Zum Beschluss außerhalb einer Versammlung siehe zunächst die Hinweise zu der Entscheidung aus Bremen (LG Bremen, Urteil v. 2.10.2020, 4 S 188/19). Ich habe dort und hier und werde auch später nicht mehr von einem "schriftlichen Beschluss sprechen". Der Grund hierfür liegt darin, dass die Zustimmungen der Wohnungseigentümer nur der Schriftform bedürfen. Der Begriff "Beschluss außerhalb der Versammlung" macht außerdem deutlicher, worum es geht.
  2. Die Entscheidung ist falsch. Der Verwalter hat bei der Feststellung und Verkündung – siehe auch dazu die Hinweise zu der Entscheidung aus Bremen – meines Erachtens alles richtig gemacht. Da der Beschlussantrag nicht die notwendige Mehrheit auf sich vereinigt hatte, hatten die Wohnungseigentümer einen Negativbeschluss gefasst. Diesen Negativbeschluss hatte der Verwalter festzustellen und zu verkünden. Die AG-Sichtweise ist allenfalls vertretbar, wenn man mit der früher herrschenden Meinung davon ausginge, dass dann, wenn einem Beschluss außerhalb der Versammlung nicht alle Wohnungseigentümer zustimmen, ein Nichtbeschluss vorliegt (siehe auch dazu die Hinweise zur Entscheidung aus Bremen). Diese Meinung dürfte allerdings – jedenfalls im aktuellen Recht – kaum gut vertretbar sein.

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