Leitsatz
Ein professioneller Verwalter, der einen offenkundig nicht ordnungsmäßigen Beschluss zur Abstimmung stellt, verletzt seine Verwalterpflichten in einem nicht hinnehmbaren, unentschuldbaren Maße. Weist er die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung auf erhebliche Bedenken gegen die antragsgemäße Beschlussfassung hin, liegt allerdings kein grobes Verschulden vor.
Normenkette
§§ 21 Abs. 4, 49 Abs. 2 WEG
Das Problem
In der Einladung zur Eigentümerversammlung wird zum Tagesordnungspunkt (TOP) 5 die "erneute Bestellung der B-GmbH ab dem 1.4.2014 als Verwalterin" angekündigt. In der Versammlung wird dann unter dem TOP 5.2. die C-GmbH zur Verwalterin bestellt. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Am 14.11.2013 wird der Beschluss zu TOP 5.2 aufgehoben und die B-GmbH zur Verwalterin bestellt. Die Parteien erklären den Rechtsstreit daraufhin übereinstimmend für erledigt. Das Amtsgericht legt der B-GmbH die Kosten auf. Gegen diesen Beschluss geht die B-GmbH vor.
Die Entscheidung
- Die Beschwerde hat keinen Erfolg! Gemäß § 49 Abs. 2 WEG könnten dem Verwalter, auch wenn er nicht Partei des Rechtsstreits ist, die Prozesskosten auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden treffe. Voraussetzung sei grobes Verschulden, mithin Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit sei ein Handeln, bei dem die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, insbesondere ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt worden seien. Es müsse sich um einen auch subjektiv schlechthin unentschuldbaren Pflichtenverstoß handeln, wobei auch subjektive Umstände in der Sphäre des Verwalters (z.B. dessen Gewerbsmäßigkeit) Berücksichtigung finden könnten.
- Im Zusammenhang mit dem Beschluss zu TOP 5.2 habe die B-GmbH ihre Pflichten grob verletzt. Sie hätte mangels Bezeichnung in der Einberufung (§ 23 Abs. 2 WEG) einen solchen Antrag nicht zur Abstimmung stellen dürfen. Die B-GmbH hätte bei Ablehnung ihrer Wiederwahl vielmehr die Verwalterbestellung auf einer neu anzuberaumenden Eigentümerversammlung zur Abstimmung stellen müssen, in deren Vorfeld Alternativangebote einzuholen gewesen wären. Dadurch, dass die B-GmbH als professionelle Verwalterin, einen offenkundig einer Anfechtungsklage nicht standhaltenden Beschlussantrag zur Abstimmung gestellt habe, habe sie ihre Verwalterpflichten in einem nicht hinnehmbaren, unentschuldbaren Maße verletzt. Die B-GmbH hätte die Wohnungseigentümer vor der Beschlussfassung auf erhebliche Bedenken gegen die antragsgemäße Beschlussfassung hinweisen müssen (Hinweis auf Bonifacio, ZWE 2012, S. 206). Hätten die Wohnungseigentümer dann trotz des Hinweises auf eine Abstimmung bestanden, wäre ein grobes Verschulden zu verneinen.
Kommentar
Die zentrale Frage des Falles ist im Schrifttum streitig. Es geht darum, ob ein Verwalter einen erkennbar nicht ordnungsmäßigen Beschluss zur Abstimmung stellen darf und ob er bei Fehlern seine Pflichten verletzt. Das LG Düsseldorf positioniert sich in diesem Streit aufseiten der Stimmen, die annehmen, dass es pflichtwidrig ist, wenn ein Verwalter einen erkennbar nicht ordnungsmäßigen Beschluss zur Abstimmung stellt. Ich selbst meine, diese Sichtweise ist zwar vertretbar, aber nicht richtig. Es ist nicht am Verwalter, gleichsam als "Büttel" zu verhindern, dass nicht ordnungsmäßige Beschlüsse gefasst werden. Der Kampf gegen solche Beschlüsse ist vielmehr eine Aufgabe der Wohnungseigentümer. Das Forum hierfür ist die Anfechtungsklage vor Gericht. Anders ist es meines Erachtens nur, wenn es um Pflichten des Verwalters geht. Solche Pflichten sehe ich selbst als verletzt an, wenn der Verwalter ein gesetzliches oder vereinbartes Stimmenquorum ignoriert und einen Beschluss als gefasst verkündet, obwohl die entsprechende Mehrheit verpasst wurde. Ferner meine ich, dass es am Verwalter ist, im Rahmen des § 22 Abs. 1 WEG einen positiven Beschluss nicht zu verkünden, wenn für ihn offensichtlich ist, dass ein von der baulichen Veränderung beeinträchtigter Wohnungseigentümer dem Beschluss nicht zugestimmt hat.
Was ist für den Verwalter wichtig?
Die Entscheidung nimmt an, der Verwalter könne einer Haftung entgehen, wenn er die Wohnungseigentümer auf Bedenken gegenüber dem Beschluss hinweist. Ein solcher Hinweis schadet meines Erachtens nicht, wenn es um einen bloß ordnungswidrigen Beschluss geht. Hier kann man es zu den Pflichten des Verwalters zählen, die Wohnungseigentümer auf etwaige Bedenken hinzuweisen und die Bedenken in der Niederschrift aufzuführen. Skeptisch bin ich hingegen bei den anderen von mir genannten Beschlüssen. Ich rate davon ab, auch wenn es im Schrifttum gewichtige Stimmen gibt, die diesen Fall anders betrachten. Was letztendlich gilt, muss irgendwann einmal der Bundesgerichtshof klären.
Link zur Entscheidung
LG Düsseldorf, Beschluss vom 06.06.2014, 25 T 173/14