Leitsatz

Beschlussweise Nachgenehmigung einer Honorarvereinbarung des Verwalters mit einem beauftragten Fachanwalt ohne ausreichende Information der Eigentümer durch den Verwalter in Aufhebung zu bestandskräftig vorbeschlossener Honorarbegrenzung

 

Normenkette

§§ 21, 46 WEG

 

Kommentar

  1. Eine Gemeinschaft hatte beschlossen, eine Kanzlei zur rechtlichen Bewertung einer Dachaufstockungsproblematik zu beauftragen, allerdings unter Begrenzung des Honorars auf maximal 1.000 EUR. Nachfolgend kam es zwischen Verwaltung und Anwaltskanzlei zu einer Honorarvereinbarung mit Bearbeitungsstundensatz von 300 EUR; die anschließende Begutachtung führte zu einer Kostennote der Kanzlei von knapp 7.000 EUR. Im Einladungsschreiben zu nachfolgender Eigentümerversammlung wurde zum Anwaltsauftrag und zu den nach Honorarvereinbarung berechneten Kosten kein spezieller Tagesordnungspunkt aufgenommen, etwa des Inhalts einer Aufhebung des früheren Beschlusses und letztendlicher Billigung des zuletzt in Rechnung gestellten Anwaltshonorars. Über klägerseits angefochtenen Beschluss sollte das Verhalten des Verwalters hinsichtlich der von ihm zuvor getroffenen Honorarvereinbarung sanktioniert werden. Die Beschlussanfechtung hatte Erfolg.
  2. Kommt es zu einer nachträglichen Beschlussgenehmigung einer Kostenüberschreitung entgegen früherer Beschlussfassung, widerspricht ein solcher Beschluss Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn eine solche Kostenüberschreitung bereits etwaige Schadensersatzansprüche gegen einen Verwalter begründet hat und bereits entstandene Ansprüche durch die nachträgliche Genehmigung der Kostenüberschreitung ersatzlos entfallen würden.
  3. Vor einer solchen nachträglichen Beschlussfassung müssen auch den Eigentümern sämtliche für die Entscheidungsfindung wesentlichen Informationen oder Unterlagen zur Verfügung gestellt werden und dies bereits in einem Einladungsschreiben zu einer Versammlung mit eindeutig bezeichnetem Tagesordnungspunkt. Der Verwalter hätte insoweit über die Vereinbarung eines Stundenhonorars zu einem Stundensatz von 300 EUR als Ursache der Überschreitung einer zuvor durch Beschluss festgesetzten Kostenobergrenze aufklären müssen. Es wäre Sache der Hausverwaltung gewesen, eine weitere Eigentümerversammlung einzuberufen, bevor sie die betreffende Honorarvereinbarung abgeschlossen hat. Laut Protokoll der letzten Versammlung hatte die Hausverwaltung auch lediglich darauf hingewiesen, dass es "etwas teurer geworden sei"; allerdings habe weder die Kostennote der Kanzlei noch die Honorarvereinbarung in der Versammlung vorgelegen. Somit war nicht auszuschließen, dass die Gemeinschaft eine sich etwa ergebende Rechtsfolge mit Schadensersatzansprüchen gegen die Hausverwaltung nicht bewusst erkannt hat und sich deshalb auch nicht im Klaren darüber war, welche Tragweite der angefochtene, streitgegenständliche Beschluss insoweit entfaltet.
  4. Die Verletzung von Verwalterpflichten zur vollständigen Information der Eigentümer vor einer Beschlussfassung führt regelmäßig zu erfolgreicher Anfechtbarkeit der auf unzureichender Informations- und Entscheidungsgrundlage gefassten Beschlüsse.
Anmerkung

Die Entscheidung sollte als warnendes Beispiel für Verwalter und für von diesem beauftragte Anwälte aufgefasst werden, "wie man sich nicht verhalten sollte". Erhält ein Anwalt im Rahmen einer Erstberatung von einem Verwalter ein Mandat "der Gemeinschaft" zur Begutachtung einer bestimmten Rechtsproblematik, ist es aus meiner Sicht die erste Pflicht des Anwalts nachzufragen, über welche Vertretungs- bzw. Ermächtigungsgrundlage der Verwalter ein solches Mandat in fremdem Namen zu erteilen berechtigt ist. Insoweit muss dann auf einen gefassten Beschluss, eine bestehende Vereinbarung oder auch eine zu prüfende rechtsgültige Verwaltervertragsregelung Bezug genommen werden. Kann – wie hier – vorhersehbar der Anwalt einen Auftrag zu honorarlimitiertem Vergütungsbetrag nicht erledigen, hat er den Verwalter darauf hinzuweisen, das Mandat auf dieser Basis nicht annehmen zu können oder aber den Auftrag vom Abschluss einer Honorarvereinbarung abhängig machen zu müssen. Die Möglichkeit hierfür ist auch im Gesetz angesprochen (vgl. §§ 16 Abs. 8, 28 Abs. 2 Nr. 4 und Abs. 3 Nr. 6 WEG). Auch sollte der Anwalt gerade in Kenntnis eines honorarlimitierten Vorbeschlusses vor Arbeitsbeginn den Verwalter darauf hinweisen, eine solche Honorarvereinbarung mehrheitlich genehmigend beschließen und gleichzeitig die Aufhebung des honorarlimitierten Vorbeschlusses entscheiden zu lassen.

Was die vorliegend erfolgreiche Beschlussanfechtung betrifft, möchte ich allerdings nicht unbedingt annehmen, dass nun im Nachhinein der Verwalter die Gemeinschaft von etwa möglicher eigener Pflichtverletzung und Haftungsfolge ablenken wollte. Allerdings hat er unter Missachtung des Vorbeschlusses eigenmächtig den Anwaltsauftrag unter geforderter Honorarvereinbarung erteilt. Hier kann er sich sicher nicht mehr nur mit einem allgemeinen Hinweis Eigentümern gegenüber exkulpieren, dass "leid...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge