Leitsatz

Gültiger Mehrheitsbeschluss (als Zweitbeschluss) zur Änderung der Heizkostenverteilung mit Wirkung für die Zukunft und unter Berücksichtigung der insoweit geltenden Fassung der Heizkostenverordnung

 

Normenkette

§ 16 Abs. 3 und 5 WEG; § 10 HeizkostenV

 

Kommentar

1.

Zum Sachverhalt:

In der Gemeinschaftsordnung war ursprünglich vorgesehen, dass die Verteilung der Heizkosten zur Hälfte nach Verbrauch und – hinsichtlich der Fixkosten – zur Hälfte nach Wohnfläche erfolgen sollte. Weiterhin war in der Gemeinschaftsordnung eine Öffnungsklausel zur Veränderung des Kostenverteilungsschlüssels mit drei Viertel aller Stimmen vereinbart. 1999 hatte die Gemeinschaft einstimmig beschlossen, die Heizkosten in voller, hundertprozentiger Höhe nach Verbrauch zu verteilen. 2008 wurde nun der Beschluss gefasst, den bisher praktizierten Schlüssel dahingehend ab 1.1.2009 erneut zu ändern, und zwar zu 70 % nach Verbrauch und 30 % nach Wohnfläche. Die Anfechtung gegen diesen Beschluss hatte keinen Erfolg.

2. Aus den Gründen:
2.1 Nach § 16 Abs. 3 WEG können Eigentümer mit einfacher Stimmenmehrheit Änderung des Verteilungsschlüssels zu den Betriebskosten unter Berücksichtigung des Verbrauchs oder der Verursachung mit begründeter Beschlusskompetenz ändern, damit auch einen bisher vereinbarten oder beschlossenen Verteilungsschlüssel neu regeln (vgl. auch BGH, Urteil v. 9.7.2010, V ZR 202/09). § 16 Abs. 5 WEG besagt, dass eine solche Beschlusskompetenz auch durch Vereinbarung weder eingeschränkt noch ausgeschlossen werden kann. Dies gilt auch für Vereinbarungen, die bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der entsprechenden WEG-Reform bestanden haben (vgl. BT-Drucks. 16/887 S. 25).
2.2 Auch wenn Eigentümer 1999 bereits einstimmig eine ausschließlich verbrauchsabhängige Heizkostenverteilung beschlossen haben, folgt daraus nicht, dass eine erneute Änderung dieses Maßstabs wiederum nur über einen einstimmig gefassten Beschluss möglich wäre, selbst wenn man den früheren Beschluss als rechtsgeschäftliche Bestimmung im Sinne von § 10 Heiz­kostenV ansehen wollte. Nach § 10 HeizkostenV bleiben rechtsgeschäftliche Bestimmungen unberührt, welche höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 HeizkostenV genannten Höchstsätze von 70 % vorsehen. Damit wird der Privatautonomie Vorrang vor den Vorschriften der Heizkostenverordnung insoweit eingeräumt, als deren Ziel, Nutzer zu einem sparsamen Gebrauch von Energie anzuhalten, durch eine Vereinbarung zwischen dem Gebäudeeigentümer und den Nutzern übererfüllt worden ist. Aber auch eine Vereinbarung, ob und unter welchen Voraussetzungen eine solche rechtsgeschäftliche Bestimmung geändert werden kann, unterliegt grundsätzlich der Privatautonomie. Diese Grundsätze gelten allerdings nicht für eine von Wohnungseigentümern getroffene rechtsgeschäftliche Bestimmung, da die Privatautonomie der Wohnungseigentümer durch § 16 Abs. 5 WEG begrenzt wird. Insoweit besteht die Befugnis der Mehrheit, die Verteilung der Heizkosten im Rahmen von § 16 Abs. 3 WEG zu bestimmen und – ggf. wiederholt – zu ändern, was nicht durch Vereinbarungen eingeschränkt oder ausgeschlossen werden darf. Somit ist auch die Festlegung eines Verteilungsschlüssels, welcher nur einstimmig geändert werden könnte, nach § 16 Abs. 5 WEG unzulässig.
2.3

Auch die Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 der HeizkostenV a.F., wonach der Verteilerschlüssel nur bis zum Ablauf von 3 Abrechnungszeiträumen nach seiner erstmaligen Bestimmung geändert werden kann, steht vorliegend nicht der Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses entgegen. Die HeizkostenV a.F. ist nur noch auf Abrechnungszeiträume anzuwenden, die vor dem 1.1.2009 begonnen haben (vgl. § 12 Abs. 6 HeizkostenV). Für später beginnende Abrechnungszeiträume gilt dagegen bereits die Neufassung der Verordnung, in der eine entsprechende Beschränkung fehlt. Vorliegend bezieht sich der neuerliche Verteilungsänderungsbeschluss auf den Zeitraum ab 1.1.2009. Dabei ist es unerheblich, dass die Neufassung der Heizkostenverordnung im Zeitpunkt der Beschlussfassung noch nicht in Kraft getreten war. Wohnungseigentümer sind berechtigt, Beschlüsse, die künftige Abrechnungszeiträume betreffen, an den dann geltenden Gesetzen und Verordnungen auszurichten. Soweit zwingende Vorschriften in Rede stehen, sind sie nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung hierzu auch verpflichtet (h.M.). Dabei kann offenbleiben, ob der hier angefochtene Beschluss bereits in Blickrichtung auf die beabsichtigte Neuregelung der Heizkostenverordnung gefasst wurde. Ob dies beabsichtigt war oder eher auf einem Zufall beruhte, ist nicht entscheidungserheblich.

Der Beschluss entsprach sowohl hinsichtlich des "Ob" als auch des "Wie" der Änderung den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung. Fragen eines sachlichen Grundes für die Bestimmung eines neuen Abrechnungsmaßstabs im Rahmen der Prüfung ordnungsgemäßer Verwaltung konnten insoweit dahinstehen, zumal sicher nicht von willkürlicher Änderung zu sprechen war.

2.4 Die Aufgabe eines nicht der Heizko...

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