Alexander C. Blankenstein
Nach der Bestimmung des § 27 Abs. 2 Nr. 4 WEG a. F. war der Verwalter gesetzlich ermächtigt, mit einem Rechtsanwalt u. a. in einem Beschlussanfechtungsverfahren eine Streitwertvereinbarung zu treffen. Dieses Recht sieht das geänderte WEG nicht mehr ausdrücklich vor. Allerdings kam der früheren gesetzlichen Befugnis des Verwalters bereits keine gesteigerte Bedeutung zu, da Streitwertvereinbarungen die absolute Ausnahme waren.
Nach nunmehriger Rechtslage wird man darauf abstellen müssen, welchen Stellenwert der angefochtene Beschluss für die Gemeinschaft hat und in welcher Höhe sich der Streitwert bewegt. Jedenfalls ist grundsätzlich zu beachten, dass im Fall der höchst praxisrelevanten Anfechtungsverfahren nach § 28 Abs. 2 WEG über die Ergebnisse der Jahresabrechnungen streitwertbestimmend nur noch die Abrechnungsspitze sein dürfte, was zu erheblich geringeren Streitwerten führt. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Rechtsanwalt auf Passivseite lediglich noch eine Mandantin hat, nämlich die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und keine Mehrvertretungsgebühr mehr nach Nr. 1008 VV RVG verdient. So also ein mitunter aufwändiges Anfechtungsverfahren mit einem Streitwert von ca. 1.000 EUR zu führen wäre, dürfte sich wohl kaum ein in wohnungseigentumsrechtlichen Fragen versierter Anwalt finden.
Der Streitwert in den Beschlussklagen des § 44 WEG richtet sich gem. § 49 GKG nach dem Gesamtinteresses aller Wohnungseigentümer. Maßgeblich ist jedoch stets das klägerische Interesse sowie das Interesse der dem Kläger Beigetretenen. Maximal ist der Streitwert auf den siebeneinhalbfachen Betrag des klägerischen Interesses sowie des Interesses der Beigetretenen begrenzt. Der Streitwert darf den Verkehrswert des Wohnungseigentums des Klägers sowie der Beigetretenen nicht übersteigen. Gegenüber dem alten Recht ist die Begrenzung auf 50 % des Gesamtinteresses der Wohnungseigentümer weggefallen und das klägerische Interesse vom fünffachen Wert auf den siebeneinhalbfachen erhöht worden.
Streitwert bei Teilanfechtung einer Jahresabrechnung
Einer der Wohnungseigentümer erhebt Anfechtungsklage gegen den Genehmigungsbeschluss über die Festsetzung der Nachschüsse und Anpassung der Vorschüsse auf Grundlage der Jahresabrechnung. Er bemängelt, die Kosten für die Gartenpflege in einer Gesamthöhe von 1.800 EUR seien unter Verstoß gegen den maßgeblichen Verteilungsschlüssel umgelegt worden. Seine Abrechnungsspitze weist als Fehlbetrag 90 EUR aus.
Der Maximalstreitwert würde hier den siebeneinhalbfachen Betrag der Abrechnungsspitze darstellen, also 675 EUR. Der die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Verfahren vertretende Anwalt hätte insgesamt lediglich einen Honoraranspruch in Höhe von ca. 300 EUR. Es könnte nun durchaus der Fall eintreten, dass ein Rechtsanwalt hinsichtlich dieses Streitwerts und seines stets gegebenen Haftungsrisikos nicht bereit ist, zu den sich aus diesem Streitwert bemessenden Gebühren die Vertretung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu übernehmen. Insoweit dürfte nichts gegen eine Streitwert- oder auch Gebührenvereinbarung sprechen und die Grenzen des § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG nicht überschreiten. Hiernach ist der Verwalter jedenfalls berechtigt und verpflichtet, alle Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung zu treffen, die von untergeordneter Bedeutung sind und nicht zu erheblichen Pflichten für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer führen.
Vorsichtiges Vorgehen des Verwalters
Verwalter sollten Gebühren- oder Streitwertvereinbarungen nicht "ohne Not" treffen. Hier könnte ggf. nach Ablauf des Bestellungszeitraums die Wiederbestellung gefährdet sein. Im Übrigen ist zu beachten, dass der Verwalter seit Inkrafttreten des WEMoG ohnehin jederzeit grundlos von seinem Amt abberufen werden kann. Jedenfalls müssen Wohnungseigentümer für eine entsprechende Vereinbarung nicht unbedingt Verständnis haben.
Verwalter sollten daher von sich aus anbieten – bestenfalls in einem Schreiben an die Wohnungseigentümer –, dass sie lediglich dann eine entsprechende Vereinbarung treffen werden, wenn ein qualifizierter Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht nicht bereit ist, ein Mandat mit an sich geringem Streitwert zu übernehmen und – wiederum bestenfalls – eine Gebührenvereinbarung nur nach Rücksprache mit dem Verwaltungsbeirat zu treffen.