Problemüberblick
Im Fall möchte ein Wohnungseigentümer, dass das Dachgeschoss als Maßnahme der erstmaligen ordnungsmäßigen Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums ausgebaut wird. Da der Antrag bei den anderen Wohnungseigentümern keinen Anklang findet, erhebt er nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG eine Beschlussersetzungsklage.
Beschlussersetzungsklage
Geht es darum, die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu einem Beschlussantrag (oder die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu der Durchführung einer bestimmten Maßnahme) zu erreichen, ist auf gerichtliche Beschlussersetzung gem. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zu klagen. Bevor das Gericht angerufen werden kann, müssen mit Blick auf das Rechtsschutzbedürfnis grundsätzlich die anderen Wohnungseigentümer mit dem Begehren befasst werden, es sei denn, die Anrufung wäre reine Förmelei. Kläger kann jeder Wohnungseigentümer sein, auch der i. S. v. § 8 Abs. 3 WEG "werdende". Beklagte einer Beschlussersetzungsklage ist nach § 44 Abs. 2 Satz 1 WEG die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer.
Bei der Formulierung des Klageantrags ist zu beachten, dass das Beschlussersetzungsurteil nicht die zur Annahme eines Beschlussantrags fehlenden Stimmen ergänzt, sondern selbst regelt, was gilt. Er ist daher darauf zu richten, dass das Gericht im Wege der Gestaltung anstelle der Wohnungseigentümer einen Beschluss fasst. Bei der Formulierung des Beschlussersetzungsantrags genügt die Angabe eines Rechtsschutzziels, also die grobe Schilderung des Beschlussinhalts, auf den die Beschlussersetzungsklage zielt. Der Kläger kann den angestrebten Beschluss allerdings auch beispielhaft nennen und ausformulieren.
Im Rahmen der Entscheidung hat das Gericht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf nicht ohne Grund in die Privatautonomie der Wohnungseigentümer eingreifen, indem es Regelungen trifft, die deren Entscheidungsfreiheit über das erforderliche Maß hinaus einschränken. Ebenso wie die Wohnungseigentümer bei ihrer Beschlussfassung hat das Gericht bei Abfassung des Urteilstenors die materiellen Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes und namentlich das Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung zu beachten.
Das Gericht gibt einer zulässigen Beschlussersetzungsklage statt, wenn der vom Kläger begehrte Beschluss "notwendig" ist. Ein Beschluss ist notwendig, wenn der Kläger einen Anspruch auf den Beschluss hat. Ein Wohnungseigentümer hat Anspruch auf einen Beschluss, wenn dessen Gegenstand noch nicht durch Gesetz, Vereinbarung oder Beschluss geregelt ist, seine Fassung aber ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und er zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zwingend ansteht. Entsprechendes gilt, wenn es um andere Maßnahmen geht, die in der Verantwortung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer stehen, z. B. die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen. Besteht Ermessen, den Beschluss erst zu einem späteren Zeitpunkt zu fassen, ist die Klage als derzeit unbegründet abzuweisen.
Ein Anspruch auf einen Beschluss ist in seltenen Fällen vorstellbar, wenn die Wohnungseigentümer kein Ermessen haben, ihn nicht zu fassen. Ein Anspruch auf einen Beschluss ist weiter vorstellbar, wenn die Wohnungseigentümer für einen Beschluss zwar ein Ermessen haben, sich ihr Entschließungs- und auch ihr Auswahlermessen aber ausnahmsweise bereits auf einen konkreten Beschlussinhalt verengt haben. Und schließlich ist ein Anspruch auf einen Beschluss vorstellbar, wenn die Wohnungseigentümer zwar noch ein Auswahlermessen haben, sich jedoch das Entschließungsermessen, überhaupt eine Entscheidung zu treffen, bereits auf Null reduziert hat.
Eine besondere Sachurteilsvoraussetzung der Beschlussersetzungsklage, die eine Ausprägung des Beibringungsgrundsatzes darstellt, ist die Folgende: Der Kläger muss dem Gericht – ggf. nach Hinweis gem. § 139 ZPO – eine ausreichende tatsächliche "Schätzgrundlage" für eine richterliche Ermessensentscheidung verschaffen, wenn er nicht Anspruch auf einen konkreten Beschluss hat. Denn im ZPO-Verfahren obliegt es der klagenden Partei, den Prozessstoff darzustellen. Ihm ist eine Amtsermittlung grundsätzlich unbekannt. Muss das Gericht nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG ein Ermessen ausüben, ist es mithin am Kläger, die für diese Ermessensentscheidung erforderlichen Tatsachen beizubringen. Der Kläger muss die Ermessensentscheidung so vorbereiten, als wären die Wohnungseigentümer selbst mit dem Gegenstand befasst. Ihn entlastet nicht, dass es in der Versammlung grundsätzlich Aufgabe der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wäre, die entsprechenden Informationen zu geben oder zu organisieren. Ein die gerichtliche Ermessensentscheidung vorbereitender Vortrag des Klägers ist nur entbehrlich, wenn auch die Wohnungseigentümer ihn nicht benötigen würden. Im Einzelfall kann ferner die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast weiteren Vortrag schulden.
Kommt der klagende Wohnungseigentümer seinen Pflichten auch nach Hinweis (§ 139 ZPO) und einer angemessenen Fristsetzung entspr...