Leitsatz

Das Belastungsverbot schränkt die Mehrheitsmacht der Wohnungseigentümer ein, schließt aber nicht den Änderungsanspruch nach § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG aus. Die (gegebenenfalls ergänzende) Auslegung der Gemeinschaftsordnung hat Vorrang vor einer Anpassung gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG.

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 1, 10 Abs. 2 Satz 3 WEG

 

Das Problem

  1. Nach § 3 der Gemeinschaftsordnung werden Betriebs-, die Instandhaltungs- und die Verwaltungskosten (ausgenommen die monatliche Verwaltergebühr) nach dem Verhältnis der festgelegten Nettoflächen umgelegt. Auf Räume, die dem Zweck "Sauna/Solarium/Fitness" dienen (das ist das Teileigentum Nr. 13), sind allerdings keine Kosten umzulegen. Die Wohnungseigentümer sind befugt, diesen Umlageschlüssel durch Beschluss mit 2/3 Mehrheit zu ändern. B ist Eigentümerin des Teileigentums Nr. 13. Dieses stand bis Ende 2006 als Sauna mit Dusche zur Mitbenutzung zur Verfügung. Seit 2007 wird es als Lager und Abstellfläche genutzt.
  2. Im Jahr 2009 beschließen die Wohnungseigentümer, dass das Teileigentum Nr. 13 ab dem Jahr 2010 nach seiner Fläche an den Kosten für Müllbeseitigung, Straßenreinigung, sonstigen Kosten, Strom, Garten, Hausmeister, Versicherung und Rücklage zu beteiligen ist.
  3. Nach Gerichtsstreitigkeiten über die nachfolgenden Abrechnungen verlangen die Wohnungseigentümer, dass B einer Änderung von § 3 GO zustimmt. B soll sich künftig an Betriebs-, Instandhaltungs- und Verwaltungskosten nur dann nicht beteiligen, wenn, solange und soweit ihr Teileigentum den Wohnungseigentümern auch tatsächlich als Sauna zur Verfügung steht. Hilfsweise beantragen die Wohnungseigentümer die Feststellung, § 3 der Gemeinschaftsordnung sei so zu verstehen, dass die Räume "Sauna/Solarium/Fitness" nur dann, nur so lange und nur insoweit von Kosten befreit sind, wie sie auch tatsächlich für eine solche Nutzung zur Verfügung stehen.
  4. Das Amtsgericht verurteilt B, der Änderung zuzustimmen. Das Landgericht weist B's Berufung zurück. Den klagenden Wohnungseigentümern stehe gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG ein Anspruch auf Zustimmung zu.

    § 10 Abs. 2 WEG.

    Das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander bestimmt sich nach den Vorschriften dieses Gesetzes und, soweit dieses Gesetz keine besonderen Bestimmungen enthält, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Gemeinschaft. Die Wohnungseigentümer können von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Vereinbarungen treffen, soweit nicht etwas anderes ausdrücklich bestimmt ist. Jeder Wohnungseigentümer kann eine vom Gesetz abweichende Vereinbarung oder die Anpassung einer Vereinbarung verlangen, soweit ein Festhalten an der geltenden Regelung aus schwerwiegenden Gründen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Rechte und Interessen der anderen Wohnungseigentümer, unbillig erscheint.

    Hintergrund der Ausnahmeregelung in § 3 der Gemeinschaftsordnung sei, dass der Bauträger die Räumlichkeiten den Wohnungseigentümern der Wohnungseigentumsanlage und benachbarten Wohnungseigentümergemeinschaften als Raum für Sauna/Solarium/Fitness habe zur Verfügung stellen wollen und dies auch tatsächlich geschehen sei. Durch die Änderung im Jahr 2006 sei der Grund für die Befreiung des Teileigentums Nr. 13 Kosten entfallen. Dagegen wendet sich B mit der Revision, mit der sie die Klageabweisung erstrebt.

 

Die Entscheidung

Der Änderungsanspruch der klagenden Wohnungseigentümer hat keinen Erfolg. Etwas anderes gilt für ihre Feststellungsklage.

Der Änderungsanspruch

  1. Die Wohnungseigentümer hätten keinen Anspruch gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG auf Zustimmung zu einer Anpassung von § 3 der Gemeinschaftsordnung. Die Voraussetzungen für einen solchen Anspruch lägen nicht vor.
  2. Dies sei allerdings keine Folge des Beschlusses aus dem Jahr 2009. Dabei brauche nicht entschieden zu werden, ob durch den Beschluss überhaupt eine Änderung bezweckt gewesen sei oder ob er als bloße Handlungsanweisung an den Verwalter für die künftigen Abrechnungen zu verstehen sei. Sei der Beschluss im Sinne einer bloßen Anweisung zu verstehen, berührte dies § 3 der Gemeinschaftsordnung nicht. Sei Inhalt des Beschlusses eine Änderung des Umlageschlüssels, wäre er unwirksam. Ein Beschluss, der einen seine Zustimmung hierzu verweigernden Wohnungseigentümer, der nach einer bestehenden Vereinbarung von der Tragung bestimmter Kosten oder der Kostentragungspflicht insgesamt befreit sei, nachträglich an den Kosten beteilige, sei nämlich unwirksam. Er verstoße gegen das Belastungsverbot (Hinweis auf BGH v. 10.10.2014, V ZR 315/13, BGHZ 202 S. 346 Rn. 14 ff.). Eine Beschlusskompetenz folge auch nicht aus § 16 Abs. 3 WEG; denn die erstmalige Begründung einer Kostentragungspflicht unter Aufhebung einer vereinbarten Kostenbefreiung stelle keine Veränderung des Umlageschlüssels dar (Hinweis auf BGH v. 1.6.2012, V ZR 225/11, NJW 2012 S. 2578 Rn. 13 ff.). Auch die Öffnungsklausel der Gemeinschaftsordnung ließe eine nachträgliche Übertragung von Kostentragungspflichten nicht zu (Hinweis auf BGH v....

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