14.3.1 Privilegiert

§ 20 Abs. 2 WEG regelt die privilegierten Gestattungsmaßnahmen. Nach Satz 1 kann jeder Wohnungseigentümer angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die

  1. dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen,
  2. dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge,
  3. dem Einbruchschutz und
  4. dem Anschluss an ein Telekommunikationsnetz mit sehr hoher Kapazität

dienen. Satz 2 verleiht den beschließenden Wohnungseigentümern eine Ermessensentscheidung bezüglich der Durchführung der Maßnahme. Ist den Wohnungseigentümern bezüglich des "Ob" der Maßnahme regelmäßig kein Ermessen eingeräumt, so ist dies bei der Entscheidung über das "Wie" anders. Den Wohnungseigentümern ist hier insbesondere eine Entscheidung darüber möglich, ob die Baumaßnahme durch den Wohnungseigentümer selbst durchgeführt wird oder aber auf dessen Kosten durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Des Weiteren entscheiden die beschlussfassenden Wohnungseigentümer über die Details der Maßnahme, also in welchem Bereich sie zur Durchführung kommt und welche Materialien zur Verwendung kommen.

Aus diesem Grund empfiehlt sich nach diesseitiger Auffassung ein einheitliches Beschlussverfahren, das zur Vermeidung einer weiteren Eigentümerversammlung sowohl das "Ob", als auch das "Wie" der Maßnahme in einem Beschluss regelt. Würde zunächst lediglich das "Ob" der Maßnahme zur Beschlussfassung gestellt und der entsprechende Beschlussantrag mehrheitlich abgelehnt werden, stünde dem betreffenden Wohnungseigentümer die Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zur Verfügung. In diesem Fall prüft das Gericht lediglich, ob das Begehren des Wohnungseigentümers angemessen ist – und dies wird in aller Regel der Fall sein, womit die Klage in aller Regel erfolgreich sein wird. Bezüglich des "Wie" der Maßnahme müsste dann noch eine weitere Vorbefassung der Wohnungseigentümer erfolgen, bevor der Wohnungseigentümer – bei abgelehntem Beschlussantrag – dann auch insoweit das Gericht bemühen könnte. Wird aber das "Wie" bereits im Gestattungsbeschluss geregelt, waren die Wohnungseigentümer entsprechend vorbefasst und das Gericht kann im Rahmen der Beschlussersetzungsklage das den Wohnungseigentümern bezüglich des "Wie" eingeräumte weite Ermessen ausüben.

 

Musterbeschluss: Bauliche Veränderung: Einzelgestattung einer privilegierten Maßnahme, Durchführung durch die Gemeinschaft

TOP XX Errichtung einer Rollstuhlrampe im Bereich des Eingangspodests

Auf Wunsch der Wohnungseigentümerin, Frau ______, wird die Errichtung einer Rollstuhlrampe im linken Bereich des Eingangspodests der Wohnanlage durchgeführt werden. Ausführung und Maße sind der Planskizze des Bauunternehmens ______ vom ______ zu entnehmen, die den Wohnungseigentümern mit dem Ladungsschreiben übersandt wurde und als Bestandteil dieses Beschlusses zur Beschluss-Sammlung zu nehmen ist. Der Verwalter hat im Vorfeld 3 Vergleichsangebote geeigneter Fachunternehmen eingeholt. Nach Abstimmung mit dem Verwaltungsbeirat und im Einvernehmen mit Frau ______ wird die Firma ______ namens und im Auftrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer mit der Errichtung der Rollstuhlrampe beauftragt. Die Wohnungseigentümer wurden auf die Bestimmung des § 9a Abs. 4 WEG und die Gefahr ihrer unmittelbaren Teilhaftung hingewiesen. Die Baumaßnahme kommt im Zeitraum ______ bis ______ zur Durchführung.

Die Kosten der Baumaßnahme trägt im Innenverhältnis der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Wohnungseigentümerin Frau ______. Zur Finanzierung der Kosten der Baumaßnahme in Höhe von ______ EUR gemäß dem Angebot der Firma ______ vom ______, hat Frau ______ bis zum ______ diesen Betrag dem gemeinschaftlichen Girokonto anzuweisen. Frau ______ verpflichtet sich, unvorhergesehene, aber erforderliche Zusatzkosten, die in vorerwähntem Angebot nicht enthalten sind, nach Mitteilung seitens des Verwalters binnen einer Woche dem gemeinschaftlichen Girokonto anzuweisen.

Erforderlich werdende Erhaltungsmaßnahmen werden von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt. Die hierfür anfallenden Kosten sind von Frau ______ zu tragen. Die Belastung mit diesen Kosten erfolgt in der Jahreseinzelabrechnung.

Abstimmungsergebnis:

Ja-Stimmen: _____

Nein-Stimmen: _____

Enthaltungen: _____

Der Versammlungsleiter verkündete folgendes Beschlussergebnis:

________________

Der Beschluss wurde angenommen/abgelehnt.

 
Hinweis

Anfechtungsrisiko

Ein Anfechtungsrisiko besteht dann, wenn die begehrte bauliche Maßnahme zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen würde, was aber typischerweise nur im Ausnahmefall anzunehmen wäre.[1] Im Übrigen muss die Entscheidung über das "Wie" der Maßnahme durch detaillierte Informationen im Vorfeld der Beschlussfassung vorbereitet sein. Aus diesseitiger Sicht empfiehlt es sich, den Hinweis auf die mögliche Außenhaftung der Wohnungseigentümer nach § 9a Abs. 4 WEG in den Beschlusswortlaut selbst mit aufzunehmen, da die Maßnahme durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durchgeführt wird und diese auch Vertragspartner des die Maßnahme durchführenden ...

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