Leitsatz

Der hier vom BGH entschiedene Fall wies die Besonderheit auf, dass der zur Auskunft Verpflichtete gehalten war, zu den Einkommensverhältnissen eines Dritten Auskunft zu erteilen, der seinerseits zur Auskunftserteilung nicht bereit war.

In dieser Entscheidung hat sich der BGH primär mir dem Wert des Beschwerdegegenstandes bei dieser Fallkonstellation auseinandergesetzt.

 

Sachverhalt

Die Parteien waren geschiedene Eheleute. In einem Rechtsstreit um Kindesunterhalt für die aus der geschiedenen Ehe im Jahre 1989 und 1991 hervorgegangenen Kinder hatte der Kläger, der von der Stadt B. auf Kindesunterhalt aus zwei Unterhaltstiteln in einer Gesamthöhe von monatlich rund 348,00 EUR in Anspruch genommen wurde, die Kindesmutter und Beklagte auf Auskunftserteilung in Anspruch genommen und den Anspruch damit begründet, er benötige die Auskunft über die Einkünfte der Beklagten und ihres Lebensgefährten zur Berechnung eines Haftungsanteils bezüglich des Kindesunterhalts für eine von ihm erhobene Abänderungsklage.

Das AG, das den Streitwert auf 1.500,00 EUR festgesetzt hat, hat die Beklagte verurteilt, Auskunft über "ihr Vermögen" zu erteilen durch Vorlage ihrer Einkommensnachweise für die Monate Mai 2008 bis einschließlich Mai 2009 sowie durch Vorlage der Einkommensnachweise ihres Lebensgefährten für den genannten Zeitraum.

Das OLG hat den Berufungsstreitwert auf 500,00 EUR festgesetzt und die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Hiergegen wandte sie sich mit ihrer Rechtsbeschwerde. Das Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Entscheidung

Der BGH hat der nach dem bis Ende August 2009 geltenden Verfahrensrecht (§§ 522 Abs. 1 S. 4, 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO) statthaften und zulässigen Rechtsbeschwerde stattgegeben, die Entscheidung des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen. Zunächst hat der BGH geprüft, ob das OLG verpflichtet gewesen wäre, die Berufung gemäß § 511 IV ZPO selbst zuzulassen, da das Berufungsgericht eine unterbliebene Zulassungsentscheidung nachzuholen habe, wenn das erstinstanzliche Gericht davon ausgegangen sei, dass die Beschwer der unterlegenen Partei die Berufungssumme erreiche. Das AG habe sich zur Beschwer nicht ausdrücklich geäußert. Der Streitwert für die Auskunftsklage und die Beschwer des zur Auskunft Verurteilten fielen jedoch in aller Regel so erheblich auseinander, dass für die Annahme, der erstinstanzliche Richter habe aufgrund seiner Streitwertfestsetzung keinen Anlass gehabt, über die Zulassung der Berufung zu befinden, kein Raum sei.

Das Schweigen in dem erstinstanzlichen Urteil bedeutet zumindest in diesem Fall die Nichtzulassung.

Indessen hatten die Vorinstanzen nach Ansicht des BGH den Beschwerdewert ermessenfehlerhaft zu niedrig angesetzt. Die Beschwer für den unterlegenen Beteiligten bestimme sich nach § 511 Abs. 2 S. 1 ZPO nach dessen Interesse, das nach § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu beurteilen sei. Die Beschwer des Auskunftsverpflichteten richte sich darauf, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Abgesehen von dem Fall eines besonderen Geheimhaltungsinteresses sei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere.

Die Kindesmutter habe jedoch geltend gemacht, dass sie keine Kenntnis über die Einkommensverhältnisse ihres Lebenspartners habe und dieser auch freiwillig zur Auskunftserteilung nicht bereit sei. Ihr hätten somit hohe Rechtsverfolgungskosten für einen letztendlich erfolglosen Auskunftsprozess gegen ihren Lebensgefährten gedroht. Dieser Kostenaufwand sei bei der Festlegung der Beschwer für das Beschwerdeverfahren werterhöhend zu berücksichtigen.

Aufgrund dessen sei das Verfahren zur weiteren Entscheidung an das OLG zurückzuverweisen.

 

Hinweis

Ein Unterhaltsverpflichteter hat auf Verlangen grundsätzlich Auskunft über das Einkommen seines neuen Ehegatten zu erteilen, wenn dies zur Beurteilung von Unterhaltsansprüchen eines Kindes erforderlich ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Unterhaltsverpflichtete in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft lebt. Der BGH hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass eine Rechtsgrundlage hierfür nicht ersichtlich ist.

Allerdings hat er offen gelassen, ob hieraus zu folgern ist, ob ein Unterhaltsverpflichteter von vornherein keine Auskunft über das Einkommen seines Lebenspartners schuldet oder ob die Auskunftsverpflichtung erst dann entfällt, wenn der Unterhaltsverpflichtete nachweist, sich die notwendigen Informationen nicht beschaffen zu können, weil sein Lebenspartner nicht zur Auskunftserteilung bereit ist.

Diese Frage wird in der Rechtsprechung noch geklärt werden müssen.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Beschluss vom 26.10.2011, XII ZB 465/11

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