1 Leitsatz
Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des klagenden Wohnungseigentümers daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemisst sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten.
2 Normenkette
§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; § 16 Abs. 2 WEG a. F.
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer beschließen, die Balkone in Höhe von 132.672,04 EUR reparieren zu lassen. Die Mittel sollen aus "Geldmarktkonten" entnommen werden. Dort befinden sich Zahlungen, die der Bauträger für die Beseitigung allgemeiner Bau- und von Schallschutzmängeln als Kostenvorschuss gezahlt hat. Wohnungseigentümer K greift die Finanzierung an. Er meint, der vom Bauträger geleistete Vorschuss müsse zweckgebunden verwendet werden. Das AG weist die Klage ab. Das LG weist hat die Berufung zurück und lässt die Revision nicht zu. Dagegen wendet sich K mit der Nichtzulassungsbeschwerde.
4 Die Entscheidung
Ohne Erfolg! Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach Ansicht des BGH unzulässig, da der Wert der Beschwer den Betrag von 20.000 EUR nicht übersteige (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Das für die Rechtsmittelbeschwer maßgebliche wirtschaftliche Interesse des K daran, eine bestimmte Art der Finanzierung einer baulichen Maßnahme zu verhindern, bemesse sich nach seinem Anteil an den aufzubringenden Kosten. Es gelte nichts anderes als bei einer Anfechtung eines Beschlusses über die Durchführung einer baulichen Maßnahme. D sich K's Miteigentumsanteil auf 105/1000 belaufe, errechne sich eine Beschwer von knapp 14.000 EUR.
Hinweis
Für die Frage der Beschwer kommt es darauf an, worüber rechtskräftig entschieden werden sollte und worüber tatsächlich entschieden worden ist, mithin auf den Umfang der prozessualen Rechtskraftwirkung, die das Urteil haben würde, wenn es nicht angefochten werden könnte. Ergibt der Vergleich der in der Klage aufgestellten Rechtsbehauptung mit dem Inhalt der ergangenen Entscheidung, dass dem Kläger das zuerkannt worden ist, was er begehrt hat, fehlt ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Abänderung der Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz. Maßgebend für die Beschwer eines Berufungsklägers ist sein individuelles vermögenswertes Interesse an der Änderung der angefochtenen Entscheidung. Entscheidend ist der rechtskraftfähige Inhalt der angefochtenen Entscheidung. Ohne Bedeutung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels.
Ausblick auf die WEG-Reform
Die WEG-Reform hat an der Frage, wie die Beschwer zu ermitteln ist, nichts geändert. Anders ist es beim Gebührenstreitwert. Dieser ist im neuen Recht nach § 48 GKG i. V. m. §§ 3, 6 bis 9 ZPO zu ermitteln. Nur für Beschlussklagen gibt es mit § 49 GKG n. F. eine Sondervorschrift.
5 Entscheidung
BGH, Beschluss v. 2.7.2020, V ZR 2/20