1 Leitsatz
Bei der Verurteilung zur Unterlassung der Wohnnutzung ist für den Wert der Beschwer auf die diesbezüglich entstehenden Nachteile abzustellen.
2 Normenkette
§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO
Sachverhalt
Das Sondereigentum von Teileigentümer B ist als "Lager, Büro mit Diele und WC" beschrieben. Die Räumlichkeiten werden zeitweise von 3 Mitarbeitern des B, der einen Cateringservice betreibt, als Büro und zum Übernachten genutzt. Die Mitarbeiter sind B durch die Arbeiterwohlfahrt vermittelt worden und verfügen über keinen anderweitigen Wohnsitz. K nimmt B auf Unterlassung der Nutzung der Räumlichkeiten zu Wohnzwecken in Anspruch. Das AG gibt der Klage statt. Das LG weist die Berufung zurück. Dagegen wendet sich B im Wege der Nichtzulassungsbeschwerde.
2.1 Die Entscheidung
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach Ansicht des BGH unzulässig. Der Wert der Beschwer übersteige nicht 20.000 EUR (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Bei der Verurteilung zur Unterlassung einer Wohnnutzung sei für den Wert der Beschwer auf die diesbezüglich entstehenden Nachteile abzustellen. Sie könnten etwa in dem Verlust der Vorteile bestehen, die aus der Wohnnutzung gezogen werden, oder in einem mit der Unterlassung verbundenen Aufwand. B habe im Fall nicht glaubhaft gemacht, dass ihm durch die Verurteilung der Unterlassung der Wohnnutzung Nachteile entstünden, die den Wert von 20.000 EUR übersteigen. Ohne Erfolg verweise er darauf, K selbst habe den Wertunterschied zwischen einer Wohnraumnutzung und der Nutzung als Laden und Büro mit mindestens 200.000 EUR bemessen. K habe diesen Betrag für die Streitwertfestsetzung genannt, ohne ihn weiter zu erläutern. Der Wert sei erkennbar "gegriffen" gewesen. AG und LG hätten die Angabe unbeachtet gelassen und den Streitgegenstand auf 20.000 EUR festgesetzt. Tatsächliche Grundlagen für eine Schätzung der Wertdifferenz zwischen einer zu Wohnzwecken und einer zu gewerblichen Zwecken dienenden Einheit habe B nicht unterbreitet.
Hinweis
- Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten. Um dem Revisionsgericht die Prüfung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung zu ermöglichen, muss der Beschwerdeführer innerhalb laufender Begründungsfrist darlegen und gemäß § 294 ZPO glaubhaft machen, dass er mit der beabsichtigten Revision das Berufungsurteil in einem Umfang, der die Wertgrenze von 20.000 EUR übersteigt, abändern lassen will.
Im Fall geht es um die Frage, wie man Räume, die im Sondereigentum eines Teileigentümers stehen, gebrauchen und nutzen kann. Vor allem geht es um die Frage, ob man in diesen Räumen wohnen darf. Hier gilt im Grundsatz Folgendes:
- Ein Raum kann im unselbstständigen Teileigentum stehen. Dies ist der Fall, wenn der Raum zu einer Wohnung gehört, sich aber außerhalb des räumlichen Abschlusses dieser Wohnung befindet. Ein solcher Raum darf allenfalls vorübergehend bewohnt werden, nicht aber dauerhaft.
- Ein Raum kann das Sondereigentum eines Teileigentums sein. Dieser Raum darf nicht bewohnt werden, da die herrschende Meinung in der Anordnung "Teileigentum" eine Benutzungsvereinbarung sieht, die ein Bewohnen ausschließt. Allerdings darf man dennoch in einem solchen Raum wohnen, wenn das Wohnen die anderen Wohnungseigentümer nach einer typisierenden Betrachtungsweise nicht mehr stört als der vorgesehene Gebrauch und die vorgesehene Nutzung.
3 Entscheidung
BGH, Beschluss v. 19.11.2020, V ZR 48/20