1 Leitsatz
Besteht Streit über die Zuordnung von Räumen zum gemeinschaftlichen Eigentum, kann nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Ansprüche geltend machen. Dabei umfasst die Ausübungsbefugnis nach § 9a Abs. 2 WEG auch denkbare Ansprüche auf außerhalb des Wohnungseigentumsgesetz liegender Grundlage, wie beispielsweise § 985 BGB, und erstreckt sich auch auf Besitzschutzansprüche, wie z. B. § 861 BGB.
2 Normenkette
§§ 861, 985 BGB; § 9a Abs. 2 WEG
3 Das Problem
Wohnungseigentümer K nimmt Wohnungseigentümer B auf Gewährung des Zugangs zu den im Aufteilungsplan mit X bezeichneten Räumen im Kellergeschoss in Anspruch. Fraglich ist, ob K prozessführungsbefugt ist.
4 Die Entscheidung
Das LG verneint die Frage! Für die Rechte aus dem gemeinschaftlichen Eigentum selbst sei gem. § 9a Abs. 2 WEG allein die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausübungsbefugt. Auch in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum bestünden die Pflichten der Wohnungseigentümer nur gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, die daher insoweit auch allein zur Ausübung der Rechte aus § 14 WEG und § 1004 BGB befugt sei. Die alleinige Ausübungsbefugnis gelte trotz der Regelung des § 14 Abs. 2 Nr. 2 WEG. Denn die Vorschrift begründe lediglich eine Duldungspflicht, nicht aber einen korrespondierenden Anspruch gegen andere Wohnungseigentümer auf Unterlassung unzulässiger Einwirkungen. Diese Konzentration der alleinigen Prozessführungsbefugnis bei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer beanspruche auch beim Rückgriff auf Anspruchsgrundlagen außerhalb des WEG – wie hier auf § 985 BGB – Geltung, sperre mithin auch insoweit die Ausübung durch den einzelnen Wohnungseigentümer. Der weiter zugunsten des K denkbare Anspruch aus § 861 BGB knüpfe zwar nicht an das Eigentum, sondern den Besitz an. Hier gelte mit Blick auf den Zweck der Regelung des § 9a Abs. 2 WEG aber nichts Anderes.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es vor allem darum, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bei einer Störung des Besitzes am gemeinschaftlichen Eigentum nach § 9a Abs. 2 WEG zu einem Tun berufen ist.
Besitzschutz
Das LG bejaht die Frage mit der herrschenden Meinung. Das Gesetz ist zwar nicht eindeutig. Ich selbst meine aber, das LG habe Recht. Dann aber kann der einzelne Wohnungseigentümer nichts unternehmen. Für seine Interessen muss dann die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kämpfen. Zwingend und ohne Ermessen. Diese kann den Wohnungseigentümer, der gegen die Störung vorgehen will, aber ermächtigen.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Sichtweise der herrschenden Meinung erweitert die Aufgabe der Verwaltungen als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Denn die Verwaltungen müssen zwingend gegen Verstöße gegen das Gesetz oder die Bestimmungen der Wohnungseigentümer vorgehen, auch wenn es (nur) um den Besitz geht.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Urteil v. 7.9.2023, 2-13 S 116/22