Leitsatz

Ein Beschluss, durch den gleichzeitig ein Verwalter und sein Stellvertreter bestellt werden, kann hinsichtlich der Bestellung des (Haupt-)Verwalters wirksam sein.

 

Normenkette

§§ 12 Abs. 1, 26 WEG

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer W und Wohnungseigentümer W1 verkaufen am 2. Dezember 2015 ein Wohnungseigentum an B und lassen es an diesen auf. W, W1 und B beantragen im Januar 2016, die Eintragung des Eigentumswechsels. Da eine Veräußerungsbeschränkung vereinbart ist, legen sie eine Verwalterzustimmung vom 11. Dezember 2015 vor, die von G unterzeichnet ist. Zum Nachweis, dass G zum Verwalter bestellt ist, legen W, W1 und B eine Niederschrift der Versammlung vom 30. November 2015 vor. Dort heißt es:

    Im Nachgang zum Protokoll der Eigentümerversammlung vom 15.12.2013 wird die Bestellung von G zum Verwalter und S zur stellvertretenden Verwalterin für die Zeit vom 15.12.2013 bis zum 31.12.2015 vorsorglich bestätigt. Beide werden ferner für den Zeitraum vom 1.1.2016 bis 31.12.2016 erneut bestellt

  2. Das Grundbuchamt beanstandet, dass die zeitgleiche Bestellung zweier Personen zum Verwalter unzulässig sei. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Die Verwaltung einer Wohnungseigentümergemeinschaft könne aus Gründen der erforderlichen Klarheit und Verantwortlichkeit nur einzelnen (natürlichen oder juristischen) Personen oder Personengesellschaften des Handelsrechts übertragen werden. Ein Beschluss, durch den mehrere Personen oder eine GbR zum Verwalter bestellt worden sind, sei nichtig. Die Nichtigkeit sei von Amts wegen zu berücksichtigen.
  2. Die Bestellung von G zum Verwalter begegne jedoch jedenfalls für die Zeit vom 30. November 2015 bis 31. Dezember 2015 keinen rechtlichen Bedenken. Für diesen Zeitraum ergebe sich aus dem Beschluss vom 30. November 2015, dass zum einen G als Verwalter und zum anderen S als Stellvertreterin bestätigt werden sollten. Während die Bestellung einer Stellvertreterin die Existenz eines weiteren – primär zuständigen – Verwalters logisch voraussetze und damit unzulässig zu einer Personenmehrheit führe, wäre die Bestellung von G zum Verwalter isoliert betrachtet rechtlich nicht zu beanstanden.
  3. Sei nur ein Teil eines Beschlusses nichtig, sei § 139 BGB anzuwenden. Danach sei regelmäßig der gesamte Beschluss nichtig, es sei denn, der nicht zu beanstandende Teil könne sinnvollerweise Bestand haben und es sei anzunehmen, dass die Wohnungseigentümer ihn auch ohne den nichtigen Teil beschlossen hätten (Hinweis unter anderem auf Elzer in Timme, WEG, 2. Aufl., § 46 Rn. 226). Ebenso liege es hier. Die Bestellung eines Verwalters sei auch ohne die Bestellung eines Stellvertreters nicht nur sinnvoll, sondern auch üblich und einzig rechtlich möglich. Aus dem Umstand, dass die Wohnungseigentümer jedenfalls für die Zeit bis 31. Dezember 2015 ausdrücklich nur G zum (eigentlichen) Verwalter und S nur zur Stellvertreterin bestellt hätten, ergebe sich, dass G allein zur Vertretung der "Wohnungseigentümergemeinschaft" und Wahrnehmung ihrer Belange berechtigt und verpflichtet gewesen sein sollte. Dafür, dass er dieses Amt nicht hätte erhalten sollen, wenn den Wohnungseigentümern bewusst gewesen wäre, dass sie eine Stellvertreterin als Organ nicht bestellen können, gebe es keine Anhaltspunkte. Vielmehr spreche der Umstand, dass die Wohnungseigentümer grundsätzlich einen Verwalter bestellen wollten, dafür, dass sie die Wahl nur des Verwalters ohne Stellvertreter einem verwalterlosen Zustand vorgezogen hätten.
 

Kommentar

Anmerkung:

  1. Ist nur ein Beschlussteil nichtig, ist § 139 BGB anzuwenden, wonach dann, wenn ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig ist, das ganze Rechtsgeschäft nichtig ist, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde. Eine teilweise Aufrechterhaltung kommt in Betracht, wenn nach dem tatsächlichen oder hypothetischen Willen der Wohnungseigentümer zweifelsfrei davon auszugehen ist, dass der Beschluss auch als Teilregelung beschlossen worden wäre. Im Zweifel ist der gesamte Beschluss nichtig, es sei denn, der gültige Teil kann sinnvollerweise Bestand haben und es ist anzunehmen, dass die Wohnungseigentümer ihn so beschlossen hätten.
  2. Ein nichtiger Beschluss kann gegebenenfalls nach § 140 BGB umgedeutet werden. So kann es bei einem Beschluss liegen, mit dem Individualrechte vergemeinschaftet und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 6 Satz 3 Fall 2 WEG zugewiesen werden. Die Vergemeinschaftung wäre nach § 140 BGB auch dann wirksam, wenn der entsprechende Beschluss nichtig wäre. Auch bei der Umdeutung ist allerdings Zurückhaltung zu wahren.

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Aus § 26 Abs. 1 WEG ("der Verwalter") sowie aus § 27 Abs. 1 bis 3 WEG, der "dem" Verwalter gemäß § 27 Abs. 4 WEG unentziehbare Aufgaben und Befugnisse zuweist, folgt, dass nur eine einzige Person Amtsinhaber sein und zum "Verwalter" bestellt werden kann. Eine Mehrheit von Personen kann nur dann Amtsinhaber sein, wenn die Mehrheit als rechtlich selbstständig...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?