Sachverhalt
Im Streitfall ging es um eine belgische Privatvereinigung, die für wallonische Agrar- und Gartenbauerzeugnisse warb und diese Erzeugnisse verkaufte und insoweit sich unternehmerisch betätigte. Die Vereinigung erhielt von der wallonischen Region auf Grund einer Rahmenvereinbarung jährliche Zuschüsse. In der Vereinbarung wurde die Vereinigung zu bestimmten Aufgaben verpflichtet, wie z.B. der Herausgabe einer Zeitschrift und der Teilnahme an örtlichen Veranstaltungen. Außerdem musste die Vereinigung ihr Budget auf der Grundlage des Vorjahreszuschusses aufstellen und es war festgelegt, dass die zulässigen Ausgaben u.a. Personalkosten, evtl. Kosten für die Miete oder Einrichtung von Räumlichkeiten, Kosten für den Erwerb der erforderlichen Ausstattung und des erforderlichen Mobiliars und den Kauf von Gegenständen bzw. den Bezug von Dienstleistungen umfassen. Nach den Feststellungen des Vorlagegerichts deckten die Zuschüsse einen Teil der Betriebsaufwendungen ab und beeinflussten die Selbstkostenpreise der Umsätze der Vereinigung, ohne aber einen konkreten Bezug zu diesen Umsätzen zu haben. Streitig war, ob diese Zuschüsse "unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subentionen" i.S.d. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie darstellen und somit Bestandteil der Besteuerungsgrundlage sind.
Entscheidung
Der EuGH hat dies nicht im Einzelnen entschieden, sondern einige Kriterien aufgestellt, nach denen ein Zuschuss (Subvention) i.S.v. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-Richtlinie zur Besteuerungsgrundlage gehören kann. Er überlässt es dem Vorlagegericht festzustellen, ob anhand dieser Kriterien die im Streitfall gezahlten Zuschüsse Entgeltcharakter haben oder nicht.
Zusammengefasst hat der EuGH folgende - kumulativ zu erfüllende - Kriterien aufgestellt, nach denen Subventionen i.S.d. Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst a der 6. EG-Richtlinie zur Besteuerungsgrundlage gehören können:
- Die Möglichkeit, dass sich eine Subvention auf den Preis der Lieferungen und Dienstleistungen des Subventionsempfängers auswirkt, ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung für den Entgeltcharakter.
- Die Subvention muss für eine bestimmte Leistung des Subventionsempfängers gezahlt werden (wobei es sich nicht um einen Umsatz an den Subventionsgeber handelt) - innerer Zusammenhang zwischen Leistung und Subvention. Dieser Zusammenhang kann anhand eines Vergleichs des Preises der Leistung mit ihren normalen Gestehungskosten überprüft werden. Eine andere Möglichkeit ist die Untersuchung, ob Zuschüsse gekürzt werden, wenn Leistungen nicht erbracht (z.B. Gegenstände nicht hergestellt) werden.
- Zu dem Zeitpunkt, zu dem der innere Zusammenhang zwischen der Subvention und der dafür erbrachten Leistung festzustellen ist, muss der Preis der Leistung in seinen Grundzügen festliegen. Er muss jedoch noch nicht eindeutig bestimmt sein, es genügt dass er bestimmbar ist.
- Der Subventionsempfänger muss spätestens zu dem Zeitpunkt, zu dem er einen steuerbaren Umsatz bewirkt hat, einen Anspruch auf Auszahlung der Subvention haben.
- Der vom Empfänger der Leistung zu zahlende Preis muss sich entsprechend der Subvention ermäßigen, d.h. die Subvention muss in die Kalkulation des Preises einfließen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die Subventionshöhe und die Preisermäßigung deckungsgleich sind. Es genügt, dass das Verhältnis zwischen dieser Ermäßigung und der Subvention signifikant ist.
Die Kriterien für die Annahme eines echten Zuschusses bzw. der Annahme eines Entgelts i.S.d. Abschn. 150 UStR sind mit den vom EuGH aufgestellten Grundsätzen vereinbar. Insofern ergibt sich für den Gesetzgeber oder die Finanzverwaltung aus dem Urteil kein Handlungsbedarf.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 22.11.2001, C-184/00
(Office des produits wallons ASBL)