Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den zu zahlenden nachehelichen Unterhalt. Zentrales Problem der Entscheidung war die Frage, in welchem Umfang der Ehefrau, die das gemeinsame zehnjährige Kind betreute, eine Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Aus ihrer Ehe war ein im Februar 1998 geborener Sohn hervorgegangen, der im Haushalt der geschiedenen Ehefrau lebte und von ihr betreut wurde. Im Juli 2007 hatten die Parteien vor dem FamG einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Ehemann verpflichtete, Unterhaltsrückstand von 877,00 EUR bis Juli 2007 sowie ab August 2007 Kindesunterhalt i.H.v. monatlich 254,00 EUR und nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 623,00 EUR zu zahlen.
Der geschiedene Ehemann begehrte Abänderung des Vergleichs dahingehend, dass er nicht verpflichtet sei, den Unterhaltsrückstand sowie - ab Rechtshängigkeit - nachehelichen Unterhalt zu zahlen. Im Januar 2008 hatte er einen entsprechenden Klageentwurf verbunden mit einem Prozesskostenhilfeantrag für die beabsichtigte Klage eingereicht.
Er berief sich zum einen darauf, dass hinsichtlich der Unterhaltsrückstände die Aktivlegitimation fehle, weil der Anspruch auf die ARGE übergegangen sei. Nachehelicher Unterhalt sei nicht mehr geschuldet, da die geschiedene Ehefrau nach Erreichen des 10. Lebensjahres des gemeinsamen Sohnes vollschichtig erwerbstätig sein müsse. Sie könne allenfalls noch nachehelichen Unterhalt von maximal 222,00 EUR monatlich verlangen. Dieser Betrag sei der Höhe nach und auch zeitlich zu begrenzen.
Das FamG hat dem geschiedenen Ehemann Prozesskostenhilfe nicht gewährt.
Hiergegen wandte er sich mit der sofortigen Beschwerde, der das FamG nicht abhalf.
Beim OLG hatte die Beschwerde des geschiedenen Ehemannes insoweit vorläufigen Erfolg, als der angefochtene Beschluss teilweise aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das FamG zurückverwiesen wurde.
Entscheidung
Anders als das erstinstanzliche Gericht vertrat das OLG die Auffassung, dem Ehemann könne die nachgesuchte Prozesskostenhilfe nicht vollständig mangels Erfolgsaussicht verweigert werden.
Keine Erfolgsaussicht sah das OLG insoweit, als sich der Ehemann gegen die Zahlung von Unterhaltsrückständen i.H.v. 877,00 EUR bis Juli 2007 wehrte. Insofern habe das FamG zu Recht darauf abgestellt, dass hier eine Änderung der Verhältnisse nicht eingetreten sei, da der Anspruchsübergang bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleichs vorgelegen habe.
Teilweise Erfolgsaussicht hingegen bejaht das OLG soweit die beabsichtigte Klage darauf gerichtet war, den titulierten nachehelichen Unterhalt herabzusetzen.
Von der geschiedenen Ehefrau könne unter Berücksichtigung des Alters des gemeinsamen Sohnes eine Vollzeittätigkeit nicht erwartet werden. Hieran habe auch die zum 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform nichts geändert. Zwar werde der gemeinsame Sohn unstreitig tagsüber in der Grundschule betreut. Es müsse allerdings berücksichtigt werden, dass ein zehnjähriges, die Grundschule besuchendes Kind in erheblichem Maß der Förderung und Hilfe bei Hausaufgaben und Freizeitaktivitäten bedürfe. Die Ehefrau habe neben der Führung des Haushalts und ihrer Erwerbstätigkeit auch noch die Betreuung des gemeinsamen Sohnes zu gewährleisten. Unter diesen Umständen sei ihr lediglich eine Erwerbstätigkeit im Umfang von fünf Stunden täglich zumutbar.
Hieraus könne sie - anders als vom FamG vertreten - als Rechtsanwaltsgehilfin Nettoeinkünfte von monatlich 750,00 EUR erzielen.
Das OLG errechnete einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt i.H.v. ca. 501,00 EUR monatlich. Da in dem abzuändernden Vergleich Titulierung von 623,00 EUR erfolgt sei, könne der beabsichtigten Abänderungsklage die Erfolgsaussicht nicht gänzlich abgesprochen werden.
Eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs wegen Unbilligkeit nach § 1578b BGB komme allerdings nicht in Betracht. Dies folge vorliegend schon daraus, dass die eingeschränkte Erwerbsfähigkeit der Ehefrau auch weiterhin darauf beruhe, dass sie ein gemeinsames Kind betreue und zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher beurteilt werden könne, wann und in welchem Umfang eine Ausweitung ihrer Berufstätigkeit möglich sein werde.
Link zur Entscheidung
Saarländisches OLG, Beschluss vom 02.07.2008, 6 WF 51/08