Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten um den nachehelichen Unterhalt. Aus der im April 2002 geschlossenen und im Oktober 2005 rechtskräftig geschiedenen Ehe war ein behindertes Kind hervorgegangen. Der Beklagte war wieder verheiratet und noch einem vorehelichen und weiteren Kind aus seiner neuen Ehe unterhaltsverpflichtet. Die Klägerin war Mutter eines weiteren nichtehelichen Kindes im Alter von einem halben Jahr. Es ging primär um die Frage, ob und in welcher Höhe Betreuungsunterhalt geschuldet wird und ob bei der Bedarfsbemessung der gleichrangigen Ehegatten der Kindesunterhalt mit dem Zahl- oder Tabellenbetrag in Abzug zu bringen ist.
Sachverhalt
Geschiedene Eheleute stritten um die Höhe des Ehegattenunterhalts der Klägerin. Sie hatten im April 2002 geheiratet und sich im August 2003 getrennt. Die Ehe war im Oktober 2005 rechtskräftig geschieden worden. Der Beklagte war britischer Staatsangehöriger und Angehöriger der britischen Armee. Er war Vater des am 18.12.1995 geborenen Sohnes der Parteien. Seit März 2006 war er wiederverheiratet und lebte mit seiner zweiten Ehefrau in Großbritannien. Aus der zweiten Ehe war im März 2007 ein weiteres Kind hervorgegangen. Seine Ehefrau war nicht berufstätig.
Die Klägerin war gelernte Bäckereifachverkäuferin. Seit Wegfall ihres Arbeitslosengeldes am 15.6.2006 bezog sie Leistungen nach dem SGB II. Der Leistungsträger hat die auf ihn übergegangenen Ansprüche an die Klägerin zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung rückabgetreten. Von September bis Dezember 2006 war die Klägerin vorübergehend im Geringverdienerbereich erwerbstätig. Außerdem bezog sie ab Juli 2006 für den bei ihr lebenden gemeinsamen behinderten Sohn der Parteien Pflegegeld nach der Pflegestufe I sowie Kindesunterhalt für den gemeinsamen Sohn der Parteien in gegen den Beklagten titulierter Höhe von 135 % des jeweiligen Regelbetrages der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes. Im August 2007 gebar sie ein weiteres Kind, für das sie von dessen leiblichen Vater Kindesunterhalt i.H.v. 196,00 EUR monatlich erhielt.
Im Januar 2006 hatten sich die Parteien vor dem OLG verglichen. Der Beklagte hatte sich in diesem Vergleich zur Zahlung monatlichen Ehegattenunterhalts i.H.v. 425,00 EUR verpflichtet. Grundlage des Vergleichs war sein monatliches Nettoeinkommen i.H.v. 2.516,95 EUR sowie ein Einkommen der Klägerin i.H.v. 871,50 EUR aus Arbeitslosengeld. Außerdem war berücksichtigt worden, dass der Beklagte seinerzeit 276,00 EUR Kindesunterhalt gegenüber dem gemeinsamen Sohn der Parteien und weitere 232,00 EUR gegenüber seinem vorehelich geborenen Kind schuldete.
Nach Wegfall ihres Arbeitslosengeldes und Aufforderung zur Auskunftserteilung hat die Klägerin erstinstanzlich beantragt, den Beklagten zur Zahlung weiteren - über den im Vergleich festgelegten Unterhaltsbetrag hinausgehenden - Ehegattenunterhalt i.H.v. 436,00 EUR monatlich zu verurteilen.
Der Beklagte hat sich auf Verwirkung gemäß § 1579 BGB berufen und Klageabweisung beantragt sowie widerklagend beantragt, den Vergleich aus dem Monat Januar 2006 dahingehend abzuändern, dass er ab Juni 2006 keinen Ehegattenunterhalt mehr schulde.
Das FamG hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, in Abänderung des Vergleichs aus dem Monat Januar 2006 monatlichen Ehegattenunterhalt i.H.v. 861,00 EUR ab 15.6.2006 zu zahlen.
Hiergegen richtete sich die Berufung des Beklagten, die nur teilweise Erfolg hatte.
Entscheidung
Im Hinblick auf die neue Gesetzeslage ab 1.1.2008 hat das OLG die Frage der Abänderbarkeit des Vergleichs vom 10.1.2006 in zwei Zeitabschnitte bis Dezember 2007 und ab Januar 2008 unterteilt.
Für den Zeitraum ab Januar 2008 konnte die Abänderungsklage der Klägerin nach Auffassung des OLG keinen Erfolg haben, weil ihr nach Änderung der maßgeblichen Vorschriften der §§ 1570, 1582, 1609 ff. BGB durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz gegen den Beklagten kein höherer als der in dem abzuändernden gerichtlichen Vergleich festgelegte Unterhalt zustehe.
Für den davor liegenden Zeitraum von Juni 2006 bis einschließlich Dezember 2007 sei der am 10.1.2006 geschlossene Prozessvergleich jedoch abzuändern, da die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien sich wesentlich geändert hätten mit der Folge, dass der Klägerin ein Festhalten an der zwischen den Parteien getroffenen Regelung nicht zugemutet werden könne. Ihr stehe ein erheblich höherer Ehegattenunterhalt als in dem abzuändernden Vergleich vereinbart zu.
Im Übrigen hat das OLG festgestellt, dass die Behinderung des gemeinschaftlichen Kindes nicht dazu führe, dass die Klägerin keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Allerdings bestehe aufgrund des geringen Alters des Kindes und des krankheitsbedingten höheren Betreuungsbedarfs nur eine eingeschränkte Erwerbsobliegenheit. Mangels anderer Möglichkeiten der Fremdbetreuung könne in den Zeiten des Aufenthalts im Kindergarten eine Berufstätigkeit ausgeübt werden. Aufgrund der erfahrungsgemäß of nur eingeschränkten Flexibilität der Arbeitszeiten auf dem freien...