Leitsatz
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Begründungspflicht des Gerichts bei Beauftragung eines Sachverständigen im Betreuungsverfahren auseinandergesetzt. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens war weiter die Pflicht zur persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren nach Widerruf des in der amtsgerichtlichen Anhörung erklärten Einverständnisses mit der Erweiterung des Aufgabenkreises auf die Vermögenssorge.
Sachverhalt
Die Betroffene wandte sich gegen die Erweiterung der für sie eingerichteten Betreuung auf den Aufgabenkreis der Vermögenssorge. Bei Erlass des amtsgerichtlichen Beschlusses war sie mit der Erweiterung zunächst einverstanden und widerrief dieses Einverständnis später.
Die Betroffene war im Jahre 1926 geboren und stand seit November 2010 unter Betreuung. Die von der Betreuung zunächst umfassten Aufgabenkreise hat das AG nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Beschluss vom 06.06.2011 um den Aufgabenkreis Vermögenssorge erweitert.
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen blieb ohne Erfolg. Die Rechtsbeschwerde führte zur Aufhebung und zur Zurückverweisung.
Entscheidung
Der BGH hielt die Rechtsbeschwerde für zulässig und begründet. Das Rechtsmittel sei gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ohne Zulassung namentlich in Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers statthaft. Hierunter falle auch die Erweiterung des Aufgabenkreises (§ 70 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 FamFG).
Nach Auffassung des BGH war die angegriffene Entscheidung in verfahrensfehlerhafter Weise ergangen.
Zum einen habe das LG die Betroffene nicht persönlich angehört, zum anderen habe das Beschwerdegericht nicht in der gebotenen Weise festgestellt, dass die Sachverständige über eine ausreichende Qualifikation verfügte.
Zu der Qualifikation der Sachverständigen verwies der BGH auf § 280 Abs. 1 FamFG, wonach eine förmliche Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens stattzufinden habe. Der Sachverständige solle Arzt für Psychiatrie oder Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psychiatrie sein. Ergebe sich die Qualifikation - wie im vorliegenden Fall - nicht ohne weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, sei seine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Entscheidung darzulegen.
Zwar ermögliche die Formulierung in § 280 Abs. 1 S. 2 FamFG als Sollvorschrift dem Gericht auch die Bestellung eines Sachverständigen mit einer anderen Qualifikation. Die Beauftragung eines Gutachters, der nicht die Voraussetzungen von § 280 Abs. 1 S. 2 FamFG erfülle, sei als Ausnahme in der Endentscheidung jedoch besonders zu begründen (Prütting/Helms/Fröschle FamFG 2. Aufl., § 280 Rz. 19).
Das LG habe keine Veranlassung gesehen, weitere Feststellungen zu der erforderlichen Qualifikation der Gutachterin zu treffen, obgleich die Beschwerde die erforderliche Spezialisierung der Sachverständigen in Frage gestellt habe und aus der Tätigkeitsbezeichnung keine weiteren Erkenntnis herzuleiten gewesen seien. Der allgemeine Hinweis des Beschwerdegerichts, wonach an den nachvollziehbar begründeten Ausführungen der gerichtsbekannt sorgfältigen und kompetenten Sachverständigen kein Anlass bestehe und die Sachverständige der Kammer aus vielen Betreuungs- und Unterbringungsverfahren als sorgfältig arbeitende und fachkundige Sachverständige bekannt sei, könne den Nachweise der erforderlichen Qualifikation nicht ersetzen.
Sei der Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert, dürfe sein Gutachten nicht verwertet werden (BGH vom 19.1.2011 - XII ZB 256/10, FamRZ 2011, 637 Rz. 19). Einen weiteren Verfahrensfehler sah der BGH in der unterbliebenen Anhörung der Betroffenen im Beschwerdeverfahren.
Die Pflicht zur persönlichen Anhörung bestehe nach § 68 Abs. 3 S. 1 FamFG grundsätzlich auch im Beschwerdeverfahren. Allerdings könne das Beschwerdegericht nach § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG von der persönlichen Anhörung absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen worden sei und von einer erneuten Anhörung keine neuen Erkenntnisse zu erwarten seien (BGH vom 16.3.2011 - XII ZB 601/10, FamRZ 2011, 880 Rz. 13 und vom 11.4.2012 - XII ZB 504/11).
Allerdings sah der BGH darin keinen Verstoß gegen §§ 278 Abs. 1 S. 1 FamFG, 293 Abs. 1 FamFG, nach denen der Betroffene vor Erweiterung der Aufgabenkreise anzuhören sei, weil die Verfahrenshandlung nicht länger als sechs Monate zurückliege. Im vorliegenden Fall ging der BGH von einer Anhörungsverpflichtung deswegen aus, weil dadurch zusätzliche Erkenntnisse zu erwarten gewesen seien. Die Betroffene sei bei Erlass der amtsgerichtlichen Entscheidung mit der Erweiterung des Aufgabenkreises auf die Vermögenssorge einverstanden gewesen. Diese Sachlage habe sich nach Eingang der Beschwerde signifikant verändert. Dies ergebe sich daraus, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Betroffenen die Beschwerde ausdrücklich aufrechterhalten und zum Ausdruck gebracht habe, dass die Betroffene den Begriff der Betreuung offensichtlich nicht zutreffend verstehe.
Im Hinblick darauf hätte das Betreuungsgericht pr...